Wer aus meinem (natürlich völlig subjektiven) Bericht für sich etwas mitnehmen möchte, muss ein paar persönliche Dinge über mich wissen.
Ich bin 172 cm groß und wiege (z.Z.) so um die 74 kg. Fahre seit 2001 auch ein Faltrad, seit 2006 ausschließlich Falträder. Insoweit kann ich heute auch nicht mehr den Vergleich zum "Normalrad" ziehen, wenn es um Fahrgefühl oder Flexen von Vorbau und Sattelstütze geht. Wohl aber den Vergleich zu anderen Falträdern. Als da wären ein Birdy Grey, ein Utopia Timor jeweils mit Rohloff Schaltung und ein Batavus Vice Versa mit Nexus 7 und Schlumpf Speed Drive - bis vor Kurzem gehörten dazu auch noch ein Dahon MU XL und ein Brompton L3.
Das Speed TR hab ich Anfang Juni gekauft, um bei langen Strecken eine "Reserve" für mein Birdy und um für "radelbegeisterten Besuch" ein zum Birdy kompatibles "Gästerad" zu haben.
Heute, nach knapp 1100 Km und einigen Umbauten kann ich so etwas wie ein Résumé ziehen.
"Neu" war für mich nach 5 Jahren wieder ein Rad mit Kettenschaltung zu haben. Man gewöhnt sich doch so einige Macken an, die eine Kettenschaltung eher übel nimmt. Schalten im Stand und der Versuch immer mehrere Gänge in einem Rutsch zu schalten. Es hat eine Weile gedauert sich umzustellen - die Dual Drive hat es geduldig ertragen. Gegenüber der Rohloff genieße ich die relative Ruhe beim Treten. Gerade in den Berggängen sind meine Rohloff Falträder unangenehm laut und dies wird wohl durch die Resonanz der Einrohrrahmen noch verstärkt.
Das Speed Tr kam in der Ausführung für 2011 - d.h. mit Axis Stem und Andros Vorbau, den neuen Gepäckträgern vorne und hinten, einer winzigen Metallkuppel (wohl der Radglocke), die "Pok" machte, wenn man den Klöppel betätigt und der komischen Lampe die Dahon für eine Fahrrad Lampe hält
Rahmen und Gabel sind aus Stahl. Auch wenn die Hälfte aller Händler in ihren Angaben im Netz behauptet die Gabel sei aus Alu, mein Magnet bleibt trotzdem überall haften.
Zur Lieferung:
Die Montage durch Dahon und die Endmontage durch den Fachhändler waren grottenschlecht. Vieles hab ich daher nachträglich einstellen müssen. (Steuersatz/ Magnete/ Andros Stem). Am Andros Stem musste Montagepaste aufgetragen werden, Grate abgefeilt und das richtige Anzugsmoment eingestellt werden. Die Verriegelungsschiene musste man umbiegen, da sie sonst bei Belastung des rechten Griffes von selbst aufsprang. Mit dem serienmäßigen Mittelbauständer fiel das Rad um, wenn ich mein "Bordo" in die linke hintere Seitentasche gepackt habe und der Lenker nach links schwenkte. Die Bremsen hatten nicht abstellbares axiales Spiel und "rubbelten" auf der Felge. Dem war auch mit Beilegscheiben nicht beizukommen. Fett war wohl auch grad bei Dahons ausgegangen. Drastischer war eine zu weit gezogene Schweißnaht am Rahmen Faltgelenk, die ein Falten des Rades wirksam verhinderte. Und ich war anscheinend zu Hause der Erste, der das bemerkt hat. Das sprich für die Qualitätskontrolle bei Dahon und meinen Händler. Konnte man aber abfeilen, ist ja bei nem Stahlrahmen relativ ungefährlich. War auch der Grund, dass ich von der "kostenlosen Erstinspektion" dann lieber keinen Gebrauch gemacht habe.
Aber immerhin hab ich einen Aufkleber " Handbuilt in EU" am Rad.
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* Nachtrag am 12.09.
Zur Ausstattung:
Da man sich die jederzeit bei Dahon selbst angucken kann, sag ich hier nur was zu den Dingen, die man nicht sieht.
Geliefert wird der dunkelgrüne Stahlrahmen mit einem Hinterradgepäckträger namens Tour Rack, der in 2010 noch einmal verbessert wurde und nun das Tascheneinhängen in zwei Ebenen ermöglicht. Er ist speziell für die Dahon Geometrie gebaut, besteht aus Aluminiumrohr mit 10mm Durchmesser und 2mm Wandstärke und passt ohne irgendwelche Adapter direkt an die Anlötsockel des Rahmens. Dadurch ist er ziemlich stabil er verträgt laut Angabe 20 Kg Gepäck. Mehrere scheinbar sinnlose Bögen, die beide Hälften verbinden, stellen sich im Alltag als wunderbarer Handgriff heraus, wenn man das Rad umsetzen, tragen oder im gefalteten Zustand transportieren möchte. Eine angeschweißte Lasche dient der Rücklichtbefestigung. Das Rücklicht ist durch den weiter nach hinten gezogenen Rahmen gut geschützt. Die Befestigung am Ausfallende erfolgt über eine aufgeschweißte Platte (und nicht über plattgedrückte Rohre des Trägers). Wer HR-Taschen mit Federhaken liebt, findet unten am Träger entsprechende Aussparungen an der Platte.
Große Hinterradtaschen kann man nur oben einhängen - weil sonst auf der rechten Seite die Schaltbox der Dual Drive im Weg ist. Montiert man die Ortlieb Back Packer so weit wie möglich nach hinten und füllt sie voll auf, dann beträgt der kürzeste Abstand zwischen Pedalachse und Tasche 19 cm. Bei der Vaude Aqua Back ist es genau so. Mit Schuhgröße 43 bekommt man jedenfalls keinen Ärger.
Vorne sitzt der Frontgepäckträger, der ebenfalls 2010 überarbeitet wurde. (Viele Internethändler haben noch alte Modelle eingestellt - da darf man sich nicht irritieren lassen). Der neue Träger besteht aus dem gleichen Rohr wie hinten und kann nunmehr 12 statt 10 kg Gepäck vertragen. Markantester Unterschied - der neue Träger baut höher und bietet neben der Lowrider Funktion zugleich einen Frontgepäckträger - also mit einer Auflagefläche oben. Unten sind Stopper für die Federhaken einiger Taschentypen angeschweißt - aufgeschweißte Abstandsröhrchen ersparen Schraubentürme zum Ausfallende hin. Vorne ist eine Befestigung mit Gewinde für ein Vorderlicht aufgeschweißt. (Eine dort befestigte Lampe würde aber über den Gepäckträger hinausragen und wäre dadurch bruchgefährdet - daher hab ich das so nicht genutzt)
Das Speed kommt von Hause aus mit 50er Big Apple und hat die breiten 53mm SKS Schutzbleche, jeweils mit Gummispoiler am Ende.
Pedale sind die MKS EZY MT-E Steckpedale - allerdings ohne Reflektoren - die muss man eventuell selbst nachrüsten. Sie sind unsymmetrisch - auf einer Seite wölben sie sich leicht nach oben. Das hilft den Fuß richtig zu setzen - wenn man die richtige Seite trifft. Ich fand sie im Alltag mit normalem Schuhwerk (z.B. Leichtwanderschuhen) recht rutschig. Mit Radschuhen auf langen Strecken sind sie angenehm. Der Steckmechanismus ist m.E. eher was für den gelegentlichen Gebrauch. Zunächst muss man den gelben Sicherheitsring da rausfummeln und dann (wie bei einer Druckluftkupplung) einen Ring verschieben, um die Pedale rauszuziehen. Bei der Aktion gibt es unweigerlich dreckige Hände, wenn man die Lager vernünftigerweise fettet, damit sie leicht laufen. Die beiden Pedale (nebst losen Schutzringen) muss man dann irgendwo hintun. Das ist nix für den Alltag - da sind Faltpedale einfach praktischer.
Licht ist die Leuchtdiodenlampe Valo Light, die normalerweise in der Mitte des Andros Stem ihren Platz hat, während der Fahrt verstellt werden kann (und das bei Huppeln auch selbstständig tut) und wahlweise mit Batterien/Akkus oder dem Nabendynamo betrieben werden kann.
Das Licht ist fleckig und nicht besonders hell, entspricht aber der Mindestnorm - in der Praxis aber eher ein Positionslicht, wenn man es mit den hierzulande üblichen LED Radleuchten vergleicht.
Rücklicht ist die Dahon übliche Batterielampe - die aber im Gegensatz zu jener die ich 2006 am MU hatte nunmehr auf An - Aus - Sensor Funktion geschaltet werden kann. Sie entspricht - als Batterielampe dem Stand der Technik ist also ordentlich hell.
Ebenfalls dabei war das BioLogic ReeCharge power pack und die praktische Transporthülle "Carry on Cover".
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Geändert hab ich Folgendes:
Montage von Reflektoren für die Steckpedale
Tausch des Mittelbauständers gegen einen umgebauten Humpert X-Act Hinterbauständer
Tausch der Radglocke gegen Asista "Charly" (der laute Bruder der Billy Glocke)
Tausch der Sattelstütze gegen die Cane Creek Thudbooster LT
Tausch der V-Bremsen gegen Shimano LX, Umlenkung an der Bremse jeweils über Führungsröhrchen V-Brake Flex-Pipe
Montage Rückspiegel Mirrycle für das Lenkerende
Vorderlicht BUMM LUMOTEC IQ Cyo T Senso plus und Rücklicht Toplight Line Plus, jeweils an den serienmäßigen Dahon Joule II Nabendynamo angeschlossen.
(Ich hab die Frontleuchte auf einer eigenen Schiene (Alu Vierkant) am Vorderradgepäckträger montiert, so dass diese nicht über diesen hinausragt. Durch die Schiene verlaufen auch die Kabel und sind so optimal geschützt, wenn Taschen eingehangen werden. Das Rücklicht musste weiter nach unten versetzt werden, weil es sonst überwiegend die Querstrebe des Gepäckträgers anleuchtet.)
Montage eines abschließbaren Ortlieb Gepäckträger-Adapters
Montage eines Klick Fix Caddy für die Lenkertasche
(Der rahmenfeste Klick Fix Halter lässt sich bei montiertem Tour Rack Gepäckträger nicht für Lenkertaschen nutzen - den Dahon Luggage Truss, der höher baut, hab ich im hiesigen Handel noch nicht entdeckt)
Zum Fahren:
Mit all den Umbauten hab ich nun das Rad, das ich wollte. Es fährt sich großartig beim Einkauf, bei gemütlichen Touren, bergigen Abschnitten und langen Strecken. Es fällt mir schwer zu entscheiden, ob es dem 4-mal so teuren Birdy ebenbürtig ist. Ich meine ja. Nur das Faltmaß, die Vollfederung und das viel einfachere Tragen im gefalteten Zustand sprechen eindeutig für das Birdy.
Im nichtgefalteten Zustand lässt sich das Speed durch die D-Form des Rahmens sehr angenehm tragen. Man rutscht auch nicht so leicht ab, wie bei den runden Rohren anderer Räder. Den unten spitz zulaufenden MÜ-Rahmen meines "alten" MU XL fand ich da ausgesprochen unangenehm.
Bedingt durch die beiden Gepäckträger baut das Speed im gefalteten Zustand sehr breit. Das Dahon fährt sich dagegen wieder ruhiger - das ist ein Vorteil, wenn es ans Reisen geht. Dafür ist beim Birdy auch das Gepäck gefedert - das bekommt meiner Kamera besser. Beim Dahon mit seinem 2 Ebenen Gepäckträger kann ich wiederum einen Korb über das Ortlieb-System anklicken. Da kann man prima und unkompliziert Trinkflasche, Kekse und Jacke reinwerfen und noch wichtiger - Kuchen heil nach Hause bringen.
Wie schon in der Theorie vermutet, macht der Andros Vorbau auf langen Touren Spaß, weil er sich sehr leicht von bequem auf sportlich stellen lässt. Der Lenker flext im Andros Stem ein wenig. Und zwar, um so mehr, je höher er steht. Auf langen Touren ist das aber ganz angenehm. Wer ein bocksteifes Rad will, den wird das stören. Der Vorbau selbst ist hinreichend steif - mir genügt er. Ich würde ihn als gleichwertig zum Birdy (Komfort-Vorbau, ganz eingeschoben) ansehen. Nur der Vorbau des Timor ist steifer - aber das dürfte auch kaum zu toppen sein. Wenn man das originale Licht rausschmeißt, ist in der Mitte des Vorbaus der ideale Platz für den Tacho.
In der Ebene lag meine Spitzengeschwindigkeit bislang bei 53 Km/h - wenn man will ist das Rad also ordentlich schnell mit dieser Entfaltung. Sie beträgt mit der serienmäßigen 8 Gang Dual Drive (mit SRAM X7 Schaltwerk) und den 50er Big Apple Reifen 1,68 Meter bis 8,82 Meter.
Persönlich würde ich jedem nahelegen es mir beim Umbau der Bremsen nachzumachen. Am MU XL hatte ich Bremsschuhe an den original Dahon Bremsen nachgerüstet - aber an die "Bremsperfomance" der hier eingebauten LX kamen sie nicht heran.
Ich hab mich ein paarmal "erwischt", dass ich das Speed TR genommen habe und die anderen Räder stehen gelassen hab. Das zeigt mir persönlich, dass man beim Speed TR sehr viel Faltrad für sein Geld bekommt.
An der Qualität der Endfertigung muss Dahon aber noch tüchtig arbeiten - vielleicht war das auch eine vorübergehende Auswirkung des Krieges in ihrer Firmenleitung. Hier im Forum haben ja auch andere in diesen Jahr an dem Auslieferungszustand ihrer Räder rumgemäkelt.
So, genug jetzt - sonst liest das ja kein Mensch mehr.
Gruß Udo