Motte hat geschrieben:Wie fährt es sich denn im Alltag?
Ich durfte vor ein paar Jahren mal bei einem Bekannten probefahren und fand es (gemessen an den heutigen Standards) recht wackelig.
Da es immer recht schwer ist ein unbekanntes Rad nach einer kurzen Fahrt zu bewerten weiß ich natürlich nicht ob das an meiner mangelnder Erfahrung, dem schlechtem Zustand dieses einen Rades lag oder ein Problem dieses Typs ist.
Ich denke etwas länger darüber nach: Es spielen einige Faktoren eine Rolle.
- Größe und Gewicht des Fahrers (ich bin 165 cm 'groß' bei ca. 60 kg Körpergewicht): Das bedeutet bei mir z.B. dass sich ein Großteil der ausziehbaren Lenkerenden im unteren Teil des Lenkers befindet = doppelte Wandstärke. Hinzu kommen die offensichlich reduzierten Hebelkräfte verglichen mit einem größeren/schwereren Fahrer
- Baujahr bzw. Modell des Bickertons: Sie wurden von Jahr zu Jahr schwerer, bekamen auch andere Scharniere verbaut und hier und da eine Versteifungsstrebe verpasst. Die haüfig angebotene MKIII gilt wohl als das 'steifere', aber auch schwerste Bickerton.
- Einstellung der 'Geometrie': Das B. bietet irre viele Positionen beim Lenker. Ich fand z.B. das Ausschwenken der Griffe zum 'breiten, geraden' Lenker desaströs, bin nur noch hin und her gewackelt. Mein Lenker ist dazu so weit vorn wie es geht, ich denke so ist die Gewichtsverteilung harmonischer.
- Fahrstil: Wer das Rad 'prügeln' will kommt nicht gut vorwärts. Ein flüssiger, vorausschauender Fahrstil ohne Kraftakte hilft enorm - man arbeitet mit dem Rad statt nur darauf. Dabei ist das Rad recht schnell, vor allem durch die hohe Übersetzung (die ich beim Umbau nicht ändern wollte).
Mein Verdacht ist dass die flexiblen Rahmen die es gab (galt ja als wünschenswert) mittlerweile aus der Mode sind. Mein schönes altes Mercian (RIP) die ich gebraucht mitte der 80er erstand, konnte mann mit dem Fuß am Tretlager sichtbar biegen (es vertrug allerdings auch kaum Gepäck und hatte bleistiftdünne Sitzstreben) - man passte sich gegenseitig an und alles war wunderbar.
Schnelle, enge Kurven, vor allem bergab, mag die Maschine nicht - ich habe das Gefühl als ob ich über das Vorderrad schieben würde. Das ist vielleicht bei allen sehr kleinen Vorderrädern so. Hält zumindest wach! Ein gutes Argument gute Reifen zu verbauen.
In der Praxis fährt es sich besser auf guten Straßen und Wegen, was auch der Wahl der Reifen ein wenig geschuldet ist. Bergauf geht wirklich gut, auch in höheren Gängen. Ist nun mal ein sehr leichtes Fahrrad (mit Taschen, allerlei Bordwerkzeug, Klingel und Beleuchtung etwas über 10 kg). Macht halt Spaß zu fahren und hat auch seinen eigenen Kopf bzw. Charakter.
Der Hauptnutzen liegt aber wirklich darin, dass es so winzig faltet. Passt gut im Fußraum vom Auto.
Von der vielbeschriebenen Nudeligkeit merke ich nichts, nur ein leichtes (nicht bedrohlich anfühlendes) vor- und zurückziehen des Lenkers, was Straßenvibrationen auch schluckt. Es wurde mal beschrieben als 'wie Saab-Cabrio fahren' * - leuchtet irgendwie ein.
Ausprobieren, selbst auf eigene Kosten, ist nicht teuer: Mein B. hatte ich mit vielen Ersatzteilen für EUR 50 gekauft, es sind weitgehend Standardteile verbaut. War schon bei mir kein ausuferndes Projekt, wer eine noch vollere Teilekiste zuhause hat könnte viel Spaß haben.
* der das schrieb, hat ein sagenhaftes Bickerton auf die Räder gestellt:
http://www.retrobike.co.uk/forum/viewto ... 3&t=145098