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Radfahren in Berlin

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Motte
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Motte »

"Wir" sollten uns da nichts vormachen. Um in Deutschland Fahrräder als normale Verkehrsmittel im Alltag anzusehen braucht es noch ein paar Jahrzehnte. Angekommen ist allenfalls das Fahrrad als attraktives Freizeitgefährt einer zunehmend größeren Wählerschicht. Und so wird auch die Planung und Umsetzung aussehen, wenn es ans Eingemachte geht. Da kommen dann Spazierwege raus.

Das kann man hier im Ruhrgebiet sehr gut sehen - wenn man sich die Schritte von "Vision" und Endplanung des Radschnellwegs von West nach Ost ansieht. Geblieben ist die Wunschvorstellung eines breiterern Radwegs (4 Meter asphaltiert) mit angrenzendem Fußweg (wassergebundene Decke). Getrennt durch einen schmalen Grünstreifen (Rasen). Ausgeschildert wird dann mit Zeichen 241 (getrennter Fuß- und Radweg). Wer sich die Rechtsprechung dazu ansieht, ahnt die kommenden Probleme. Kann man aus dem Zug im Bereich Mülheim (Richtung Essen auf der rechten Seite) sehr schön sehen, weil der neu gebaute "Radschnellweg" dort parallel zur Bahn verläuft.

Im Alltag, bei schönem Wetter heißt das:
Die Fußgänger werden, wann immer es bequemer erscheint den Radweg (mit-) benutzen. Rollatoren, Kinderwagen und Kinder mit Roller oder Skates werden auf dem Radweg unterwegs sein. Wer die Nordbahntrasse in Wuppertal mal an einem schönen Tag am Wochenende gefahren ist, weiß was ich meine.
Einzig die Falschparker und falschfahrenden Packetdienste werden einem fehlen. Radschnellweg ist für mich was anderes.

Da passt es dann auch ins Bild, dass auf dem "Radschnellweg Ruhr" im Bereich der Ruhrüberquerung in Mülheim eine Art " Boulevard" geplant ist, auf dem man das Rad bei schönem Wetter wohl besser schiebt. Scheinbar hält sich das Bild in den Köpfen der Verantwortlichen vom Radfahrer als "freizeitorientierten Fußgänger mit Rädern" recht hartnäckig. Der hat viel Zeit, kann immer mal absteigen und schieben, rechtwinklig um die Ecke fahren und ist selten schneller als 10 km/h.

Nicht falsch verstehen - für mich ist so ein Weg immer noch bessser ist als gar keine eigenen Wege und morgens zwischen genervten Autofahrern im Stau rum zu hängen.

Ich würde mich wundern, wenn es in Berlin anders liefe.
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Motte hat geschrieben: Im Alltag, bei schönem Wetter heißt das:
Die Fußgänger werden, wann immer es bequemer erscheint den Radweg (mit-) benutzen. Rollatoren, Kinderwagen und Kinder mit Roller oder Skates werden auf dem Radweg unterwegs sein. Wer die Nordbahntrasse in Wuppertal mal an einem schönen Tag am Wochenende gefahren ist, weiß was ich meine.
Einzig die Falschparker und falschfahrenden Packetdienste werden einem fehlen. Radschnellweg ist für mich was anderes.
Das schließt sich imho nicht aus, weil das zu ganz unterschiedlichen Zeiten stattfindet.
An sonnigen Wochenenden bumsvoll mit Flanierern. In der Pendler-Rush hour sind dagegen kaum Flanierer unterwegs und der "Radschnellweg" kann dann auch flott befahren werden.
Motte
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Motte »

Das hoffe ich ja auch. Wobei das im Sommer oder den Ferien bereits am Nachmittag schief gehen kann.
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Motte hat geschrieben:Wobei das im Sommer oder den Ferien bereits am Nachmittag schief gehen kann.
Absolut. Ich wohne ja an der Strecke durch den Park am Gleisdreieck und die ist enorm beliebt. Sind auch alle paar Meter irgendwelche Highlights, z.B. Bouldering Gelände, Skatepark/Halfpipes, Trampolingarten usw. Oft auch Events wie Karaoke-Show oder irgend ein Flashmob - da sind dann schon mal dichte Menschentrauben. Und an den Kreuzungen wird es teils gefährlich, wenn Aussichtsgenießer im Tagtraum entlangkreuzen. Insgesamt kommt man aber doch gut mit dem Durcheinander klar - und wenn man will auch zügig voran.
silverbullet
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von silverbullet »

Motte hat geschrieben:"Wir" sollten uns da nichts vormachen. Um in Deutschland Fahrräder als normale Verkehrsmittel im Alltag anzusehen braucht es noch ein paar Jahrzehnte.
Ich finde, dass es schneller geht (und muss). Gerade in Ballungsgebieten ist Wohnraum, Verkehrs- und Freizeitraum begrenzt, die öffentlicen Mittel ebenfalls und man kann nicht wie früher ober- und unterirdisch mit Milliarden € Verkehrsraum hinklotzen. Wenn junge Familien, deren Belastung durch Miete etc. in Ballungsräumen immer schneller steigen wird, stärker als bisher rechnen müssen, bleibt für einen kleinen Zweitwagen kaum was übrig, ausser man ist Doppelverdiener - mit Kindern?
Das Fahrrad bietet bis auf recht begrenztes Ladevolumen fast nur Vorteile, aber wem sage ich das….. :)

Die Vorbildfunktion von anderen Städten, die es geschafft haben, tun ein übriges. Natürlich haben wir hier in Deutschland eine der stärksten Lobbygruppierungen - die der Automobilindustrie - die, auch angeführt vom ehemaligen Verkehrsminister alles tut, um Absatzzahlen zu schützen. Wer sich aber den ganzen Wahnsinn tagsüber auf den Autobahnen und Städten in NRW anschaut oder mittendrin steht, zweifelt an dem bisherigen Konzept.

Also muss was anderes her - zurück in die Zukunft!

Gruß
Bernd
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Zwischen der Fahrradnutzung in Berlin und z.B. in Copenhagen sehe ich schon großen Unterschied. Ich halte Fahrradfahren hier in Berlin überwiegend für ein Kietztransportmittel für Kurzstrecken oder für Leisure-Zwecke, mal bei Schönwetter. Ich kenne sehr viele, die hier auf ein Auto verzichten, das liegt auf jeden Fall über 50% in meinem Bekanntenkreis, aber lange Radstrecken und alltäglich, also auch bei ungünstigem Wetter, fahren nur extrem wenige, maximal 5% würde ich schätzen. Und das sind ausschließlich Kietzanwohner. Keiner aus dem Peripheriegebiet, den ich kenne, würde per Rad in die Stadt fahren. Selbst ich als Vielradler würde eine Strecke von mehr als 5km nicht täglich per Rad pendeln. Sondern nur ausnahmsweise, wenn einiges zusammen kommt: bei 1) schönem Wetter, wenn ich 2) Zeit habe und wenn ich 3) verschwitzt ankommen kann und 4) danach keinen Sporttermin habe und 5) nichts groß transportieren muss.

Damit sich das ändert, müsste einiges zusammen kommen. Neben einer viel besseren "Radschnellwege" Infrastruktur müsste das auf jeden Fall auch schnelle Pedelecs umfassen. Insbesondere zu letzterem besteht aber kaum Bereitschaft. Beides dauert jedenfalls mindestens ein Jahrzehnt, bis das greift. Auch wenn man sich das schneller herbeiwünscht.

Da sehe ich für Intermodales Pendeln eher Chancen. Also die Kombination von Zug/ÖPNV und Carsharing. Oder Mietfahrrad. Etwas abgeschlagen mit eigenem (Falt-)Rad. Wesentlich mehr Hebel hätte - wie diskutiert - Dynamic Drive Sharing, was hierzulande aber torpediert wird. Ebenfalls hohes Potenzial würde ich streckenbezogenen und fahrradfreundlichen Zug/ÖPNV Tarifen zuschreiben. Das würde sich m.E. vielfach stärker auswirken als jede Maßnahme an der Verkehrsinfrastruktur. Hier besteht soweit ich sehe aber auch kein Änderungsbewusstsein.

Das man eigentlich mehr Augenmerk auf solche „Integrierte Verkehrspolitik“ legen sollte, ist sogar bekannt: "Etwa ein Drittel der Erklärungskraft des statistischen Modells lässt sich auf Faktoren zurückführen, die sich unter dem Schlagwort „Integrierte Verkehrspolitik“ subsumieren lassen."

In der Zwischenzeit dürfte sich das "Kietzradeln" - auch ohne unterstützende Maßnahmen - deutlich ausweiten. Wir haben ja Wachstumsraten in den Kietzgebieten von über 100% (2001-2014, circa 50% in der Gesamtbilanz). Der Radverkehrsanteil in Berlin beträgt derzeit 15%. Rechnet man 50% hinzu, läge der in weiteren 13 Jahren dann bei 22,5% (Kopenhagen liegt bei 31%). Da müsste der Trend dann aber auch die Peripherie erfassen, denn jetzt schon liegt der Radverkehrsanteil in Kreuzberg und im Sommer bei (gefühlt) über 50%.
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Hier noch paar interessante Untersuchungen:
Radschnellwege - zeigt, dass anders als in Deutschland in den Niederlanden auch häufiger mittlere Strecken (um 7km) per Rad zurückgelegt werden. Was nach diesen Untersuchungen am Ausbau der Radschnellwege läge.

Bahntrassenradeln hält Radschnellwege entlang von Bahntrassen für besonders geeignet.

Unfallrisiken beim Rad fahren zeigt an beeindruckender Statistik am Beeispiel Niederlade, wie die Anzahl der Fahrräder im historischen Verlauf und die Zahl der Radunfälle pro km genau spiegelverkehrt (!) verlaufen

Mythen und Missverständnisse (ADFC) - räumt mit einigen gängigen Vorurteilen auf, u.a. Radfahren sei gefährlich (lt. ADFC sei es sogar ungefährlicher als Autofahren) oder Rowdyradeln würde wesentliche Unfallursache sein.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von silverbullet »

Meine frischen Erfahrungen mit der DB in Verbindung mit einem Flyer Pedelec:

Entweder ist der Aufzug defekt und man muss den sauschweren Bock die Treppe hochasten, da der serienmäßige Schiebemodus mit Daumengas bei diesen Steigungen nichts bringt, oder wie Montag in Neuss, als ich mit dem langen Radstand des Flyer nicht in den Aufzug passte.
Mit ganz eingeschlagenem Vorderrad in die linke obere Glasecke des Aufzugs bei gleichzeitigem Reindrücken der Ortliebtaschenecke gelang es mir, die Lichtschranke des Aufzugs zu überlisten. Das möchte ich nicht oft machen…..
Die geradelten 80 km Strecke möchte ich (noch) nicht mit dem Brompton fahren, da der Tourenleiter mit ca. 10.000 km/Jahr in den Beinen seine Rohloff voll ausnutzt und ich keine Chance hätte, den Anschluss zu halten.

Ansonsten war das Zugfahren mit Rad, das Umsteigen und das Verständnis der anderen Mitreisenden ok, selbst die von mir teilweise blockierte Tür zur 1. Klasse wurde ohne Murren&Knurren hingenommen. Mit einem Faltrad sind solche Aktionen einfache Fingerübungen…..
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von berlinonaut »

Die Berliner Zeitung hat die existierende Routenführung getestet, die durch den Fahrradhighway obsolet gemacht werden soll (incl. Videos):

http://www.berliner-zeitung.de/verkehr/ ... 53402.html

Fazit:
Aktuell wird die direkte Route vom Potsdamer Platz zum S-Bahnhof Zehlendorf wohl kaum jemand zum Vergnügen fahren. Es gibt in Berlin zwar sicherlich gefährlichere und enervierende Strecken, doch gerade die ersten sechs Kilometer durch Schöneberg, Friedenau und Steglitz sind auch hier nervig. Zahlreiche Ampeln bremsen die Fahrt, Radwege sind nur sporadisch vorhanden und die Busspur ist immer wieder durch parkende Fahrzeuge blockiert. Hinzu kommt der permanente Verkehrslärm.

Hier könnte der Schnellweg Abhilfe schaffen. Fernab der Straße dürfte die Fahrt deutlich ruhiger von statten gehen. Durch die wegfallenden Kreuzungen würde sich zudem nicht nur das Unfallrisiko enorm reduzieren – in Berlin gab es 2014 fast 1600 Abbiegeunfälle mit Radfahrern – sondern auch die Fahrtzeit. 15 bis 20 Minuten Zeitersparnis scheinen realistisch. Ob man dadurch wirklich schneller wäre als mit dem Auto, hängt natürlich von der Verkehrslage und dem eigenen Tempo ab. Möglich wäre es aber auf jeden Fall.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Komisch, dass man das nur mit Fahrrad und Auto vergleicht. Naheliegend wäre es ja, stattdessen mit der S-Bahn zu fahren. Radschnellstrecken parallel zu betriebenen Bahnstrecken finde ich daher eigentlich nicht besonders sinnvoll.
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