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Mifa ist insolvent

Alles zum Thema Faltrad/Rad.
berlinonaut
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Mifa ist insolvent

Beitrag von berlinonaut »

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/t ... -1.2151953

Zitate:
Mit dem Antrag solle die Restrukturierung des Unternehmens mit aktuell rund 600 Mitarbeitern in Eigenregie des Managements fortgesetzt werden, hieß es. (...) Zu den Großaktionären des absatzstärksten deutschen Fahrradproduzenten gehört AWD-Gründer Carsten Maschmeyer. Die Mitteldeutschen Fahrradwerke, besser bekannt unter ihrem Kürzel Mifa, hatten im vergangenen Jahr mehr als 13 Millionen Euro Verlust erwirtschaftet. Zudem wurde eine fehlerhafte Bilanzierung bekannt.
Jonny
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von Jonny »

Wichtig ist, dass es eine Insolvenz in Eigenverwaltung ist, also kein Ausverkauf.
CycoRacer
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von CycoRacer »

Hoffentlich kriegt Mifa die noch die Kurve. Wäre echt schade um so ein Traditionsunternehmen. Ich frage mich, wie es soweit kommen konnte. An mangelder Qualität liegt es sicher nicht.
Motte
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von Motte »

Wenn das durchschnittliche Fahrrad hier so um die 600 Euro kosten darf, dann ist es schwer solche "low tech" Massenartikel vor Ort zu fertigen. Dazu ist unser Lohnniveau zu hoch (verglichen mit den konkurrierenden Ländern) unsere Steuern- und Abgaben, die Energiekosten und die Auflagen bezüglich Produktsicherheit und Umweltschutz. Ohne Schutzzölle wäre es noch drastischer.

Guck mal einfach, wie viele Fahrradfabriken es noch in den Siebzigern in Deutschland gab und wo sie alle geblieben sind.
Wobei damals nicht so viele Menschen hier mit Rad fuhren.
berlinonaut
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von berlinonaut »

Motte hat geschrieben:Wenn das durchschnittliche Fahrrad hier so um die 600 Euro kosten darf, dann ist es schwer solche "low tech" Massenartikel vor Ort zu fertigen. Dazu ist unser Lohnniveau zu hoch (verglichen mit den konkurrierenden Ländern) (...)
Prinzipiell ist da schon was dran - allerdings hat gerade Mifa massiv in Automatisierung investiert, weil sie das natürlich auch wissen. Folge:
„Wie hoch sind die Personalkosten, die in einem Fahrrad stecken?“ heißt es im Vorspann der Focus-Money-Story. Um dann gleich die Antwort hinterher zu schieben: „18 Euro sind es bei der Mifa.“ Ob Einspeichen, Lackieren oder die Zuführung der Kleinteile - der Schlüssel des Erfolgs heißt Automatisierung. „Damit liegt Mifa deutlich unter den Personalkosten anderer Wettbewerber, sogar chinesischer Importe“, wird die Analystin der Berenberg Bank Alexandra Schlegel zitiert.
(http://www.radmarkt.de/nachrichten/focu ... -bewertung, bezieht sich auf einen Artikel aus Januar 2013)

Dort heisst es zu den Produktionszahlen:
So wollen die Sangerhausener ihren Jahresumsatz in den kommenden vier bis sechs Jahren auf 200 Millionen Euro hochfahren – und damit quasi verdoppeln. Dank Zukäufe der Premiummarken Grace und Steppenwolf werde sich auch der Anteil des Gewinns am Gesamtumsatz stark erhöhen. Denn mit Grace und Steppenwolf im Rücken hat sich Mifa von seinem „nur billig“-Mantra gelöst und bietet heute neben der Auftragsproduktion für branchenfremde Massenanbieter auch eigene hochwertige Markenprodukte.
Was den Mifa-Umsatz auch sprudeln lässt: Der rechtzeitige Sprung auf den angefahrenen E-Bike-Boom. „Zwar machen die konventionellen Fahrräder immer noch den Löwenanteil des Umsatzes aus, doch die Elektroräder haben ihren Anteil innerhalb eines Jahres verdoppelt“, heißt es im vorliegenden Artikel (Überschrift: „Der Akku ist versteckt“). In Zahlen: Fuhr Mifa im Jahr 2011 mit Fahrrädern 80 Millionen Euro und mit E-Bikes 12,4 Millionen Euro ein, waren es 2012 immer noch gute 70,6 Millionen Euro mit Fahrrädern und schon satte 25,9 Millionen Euro mit E-Bikes.
Was ziemlich heftig ist sind die Zahlen aus 2013 (die ja im Nachhinein offenbar noch mal nach unten korregiert werden mussten):
Deutschlands absatzstärkster Fahrradproduzent Mitteldeutsche Fahrradwerke AG (Mifa) hat in den ersten drei Verkaufsquartalen 2013 einen Gesamtumsatz von 97,7 Millionen Euro erzielt. Damit liegt er auf Vorjahresniveau (= 97,6 Millionen Euro, plus 1 Prozent). Das Ergebnis vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern (EBITDA) hat sich indes gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum von 4,2 Millionen auf 7,5 Millionen Euro erhöht. Allerdings sind im genannten Vorjahresergebnis die Einmaleffekte aus der Betriebsverlagerung von Grace und Steppenwolf - beide Premiummarken wurde 2012 von Mifa übernommen – zur Firmenzentrale nach Sangerhausen enthalten. Ohne sie hätte das EBITDA 01-09/2012 bei 6,9 Millionen Euro gelegen...

In den diesjährigen ersten drei Verkaufsquartalen hat die Mifa 462.000 Fahrräder produziert (minus 7,6 Prozent). Diese Summe lässt sich in 422.000 Fahrräder ohne „e“(minus 7,9 Prozent) und 40.000 E-Bikes (minus 4,8 Prozent) aufteilen.
Dass der Gesamtumsatz trotzdem stabil lag, ist auf den um 8,2 Prozent erhöhten durchschnittlich erzielten Absatzpreis von nunmehr 211 Euro pro Fahrrad (ohne und mit „e) zurückzuführen. Während der durchschnittlichte Absatzpreis bei Fahrrädern ohne „e“ um 2,6 Prozent auf 158 klettern konnte, surrte er bei E-Bikes um zweistellige 20,7 Prozent auf nunmehr 745 Euro nach oben.
(http://www.radmarkt.de/nachrichten/mifa ... eis-stabil)

Die Absatzpreise sind wirklich beängstigend niedrig, auch im Vergleich zu Verbraucherpreisen für Räder. Da merkt man möglicherweise Aldi und Co.

Interessant wird es, wenn man die bekannten Zahlen in Korrelation setzt: rd. 460.000 Räder in drei Quartalen macht per anno ca. 600.000 Räder. Bei rd. 600 Mitarbeitern macht das im Schnitt 1000 Räder pro Nase (Verwaltungsangestellte etc. mit eingerechnet) und bei 230 Arbeittagen im Jahr 4,3 Räder pro Tag und Angestelltem. Gar nicht mal so viel, vor allem wenn so massiv automatisiert wurde. Würde bei 18 Euro Lohnkosten je Rad ein Jahresbrutto von 18.000 Euro machen abzüglich Arbeitgeberanteil der Lohnnebenkosten - also pi mal Daumen 14.400 Euro. Nicht üppig. Wie viel es wirklich ist in Geld und Rädern pro Tag und Mann/Frau hängt natürlich davon ab wie gross der Anteil der Beschäftigten ist, der nicht in der Produktion arbeitet sondern im "Overhead".
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von Weinbergschnecke »

Hallo,
tatsächlich ist die Differenz zwischen Abgabepreis und Ladenpreis wohl teilweise überzogen. Umgekehrt heißt das, der Hersteller muss bei den Herstellungskosten extrem sparen und Billigstkomponenten an den Rädern verbauen. Den "Schwarzen Peter" hat dann der Kunde, der minderwertige Qualität bekommt (wie rostende Schundgabeln von Zoom oder RST).
Andererseits ist der Maßstab der Wettbewerb, wie die ZEG mit ihren Pegasus Rädern, nach den Aufschriften auf den Kartons zumindest zum Teil in Kambodscha gefertigt. Da läuft die braune Brühe schon raus, wenn das Rad drei Tage im Regen stand.
Aber zurück zur Mifa: Billigstprodukte in Deutschland zu montieren ist wohl kein Geschäftsmodell mit Zukunft. Wer für Aldi und Co. arbeitet, bekommt "vom Kuchen" wenig ab.
Nachhaltigen Erfolg wird man nur mit einer gewissen Qualität haben. Der Online Shop von Mifa war schon ein richtiger Weg. Ansonsten Finger weg von den Discountern, lieber über den Fachhandel verkaufen.
berlinonaut
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von berlinonaut »

Och, so hart würde ich das nicht sehen. Gerade wenn man automatisiert hat sind höhere Stückzahlen in höchstem Masse erstebenswert, auch wenn die Margen pro Stück dann gering sind. Für die paar Premiumräder lohnen sich die Maschinen nicht, da muss Masse durch, damit die Auslastung stimmt. Also einerseits für Aldi und Co incognito billig produzieren und andererseits hochwertig mit eigenen Premiummarken - das kann schon funktionieren. Weite Teile der Lebensmittel- und Kosmetikindustrie machen nichts anderes. Ändert nichts daran, dass so eine Strategie ein permanenter Tanz auf dem Drahtseil ist.
Was die asiatische Konkurrenz angeht und auch die Abhängigkeit von Grossabnehmern lohnt es sich mal diesen Artikel zu lesen: http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/d ... -1.2145947
Motte
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von Motte »

Nur muss man ja leider sagen, dass die Menschen bei einem Heizkessel (wegen der Brandgefahr) vermutlich mehr auf Qualität achten als bei "irgendeinem 300 Euro Fahrrad".
Ja, beim Thema Integration von Funktionen könnte man im Zweiradsektor sein Know How ausspielen. Z.B. Rad und E- Antrieb oder Rad und Beleuchtung etc. oder Falträder (mit und ohne E-Antrieb) für Camper. Nicht von ungefähr fertigt Thule neuerdings Radtaschen.
derMac
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von derMac »

Motte hat geschrieben:Nicht von ungefähr fertigt Thule neuerdings Radtaschen.
Die ungewöhnlich teuer sind. Kauft die wer? Wer ist die Zielgruppe?

Mac
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Re: Mifa ist insolvent

Beitrag von berlinonaut »

berlinonaut hat geschrieben: Interessant wird es, wenn man die bekannten Zahlen in Korrelation setzt: rd. 460.000 Räder in drei Quartalen macht per anno ca. 600.000 Räder. Bei rd.
Da ist übrigens noch reichlich Luft nach oben: Je nachdem, ob bei Mifa auch am Wochenende produziert wird oder nicht macht das pro Tag ca. 1.600 oder 2.500 hergestellte Räder. Die Kapazität liegt erheblich höher:
5300 Räder können die Sangerhausener pro Tag herstellen, jedes vierte Fahrrad in Deutschland stammt von Mifa.
(http://www.focus.de/finanzen/boerse/mit ... 98831.html)

Und das könnte dann wohl auch das Problem sein - eine Fabrik, die mit deutlich unter 50% Auslastung läuft ist ziemlich sicher ein heftiger Kostenblock.
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