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von EmilEmil » Di 29. Jan 2019, 13:49
Die derzeitig am Markt verfügbaren Faltrad-Konstruktionen haben fast alle gravierende Einschränkungen, so daß diese Art von Rädern nur noch eine Nische darstellt. Die Hersteller sind auch nicht in der Lage, etwas Ordentliches auf die Beine zu stellen. Ordentlich bzgl. des Hauptzwecks heißt für mich , Fahrrad auf kompakte Größe zusammenfalten, einen Teil der Transport-Aufgabe (Fahrstrecke) mit einem anderen Verkehrsmittel zurückzulegen, dann Auseinanderfalten und einen Teil der Strecke mit Muskelkraft bewältigen und vice versa. Sinnvoll ist darüber hinaus das Radl auch für andere Aufgaben wie Fitness-Fahrten, bestimmte Transporte (Einkäufe !), Touren mit Freunden und Bekannten durchzuführen u.a. , zu benutzen. Zusammengefasst: Neben dem Huckepack-Verkehr auch alle Aufgaben, die ein Trekkingrad (Reise-Rad ?) durchführt. Faltrad = Vollwertiges Fahrrad, das zum Transport kompakt zusammen gefaltet wird. Einziges Handicap sind die kleinen Räder, das aber nur bei "richtigen" Geländefahrten wirklich zum Tragen kommt. Kopfsteinpflaster-, Schotter- und Deutsche Radwege-Strecken müssen fahrbar sein (Stichworte: Breite Reifen und/oder adaptierte MtB-Federung). Die Sünde nicht angepasster Übersetzung hat sich seit Jahrzehnten verfestigt und prägt die Meinung vieler Zeitgenossen über Falträder (Besonders über die mit 20" oder 16" !).
Großzügig eingeteilt, findet man unter den Falträdern 3 Klassen: Die Klasse der Baumarkt- und Discounter-Räder von 200 bis 300 €, die Mittelklasse 600 bis 1000 € sowie die Premium-Klasse (Um die 2000 und mehr € ?). Die Baumarkt-Klasse ist ziemlich indiskutabel, einziges Merkmal ist "Man kann damit irgendwie fahren". Die Mittelklasse verbindet sich mit den Marken Tern und Dahon u.a., die Premium-Klasse mit Brompton, Birdy, Bernds u.a..
Kein Rad aus diesen Klassen hat nicht irgendwelche gravierenden Handicaps. Innerhalb der Marken ist die Modell-Vielfalt so groß, daß ich in diesem Zusammenhang nicht alle einzeln diskutieren kann oder mag. Das Gemeinsame ist die Möglichkeit des Huckepack-Verkehrs.
Mit dem Aufkommen der elektrifizierten Räder gerät das Merkmal Huckepack-Verkehr von einem "Must have" zu einem "Nice to have". Vielen Radlern, die ein Faltrad wegen dieser Möglichkeit benutzten, werden bei Besitz eines Elektro-Rades dieses für die ganze Wegstrecke benutzen. Die Faltrad-Nische (Falträder ohne Motor) wird dadurch noch einmal kleiner.
Die Faltrad-Hersteller scheinen aber nicht zu kapieren, daß der Markt der elektrifizierten Räder ständig wächst und für ihren Absatz eine Bedrohung darstellt. Dabei wäre es ein Leichtes, unter Ausnutzung der vorhandenen Technik Falträder (Auch elektrifizierte) zu bauen, die bis auf die oben genannte Einschränkung der kleinen Räder allen anderen Rädern (Außer Spezial-Räder wie RR, MtB, Kunst-Rad u.a.) ebenbürtig sind. Ein Faltrad sollte wegen der vielen Größen-Anpassbarkeiten für jede Familie mit heranwachsenden Kindern Pflicht sein. Aber viele Falträder haben keinen austauschbaren Vorbau und kommen mit einem Nicht-verstellbaren Lenker, der zudem noch mit dem Stützrohr (heißt dann Lenker-Schaft !) direkt verschweißt ist. Nicht zuletzt kenne ich Senioren, die ein Faltrad wegen eines niedrigen Durchstiegs schätzen (Die falten gar nicht mehr !). Gottseidank trifft das bei mir nicht zu, obwohl ich vom Alter her dafür Kandidat sein könnte. Es scheint, daß die jährlichen 4000 [km] auf dem Radl, die Hälfte davon Faltradl, eine positive Wirkung entfalten. Auch ein Pedelecco brauch ich noch nicht, selbst bei 19 % Steigung, Kondition brauche ich dafür reichlich.
Mein Plädoyer für ein universelles Familien Faltrad, das aber für sportliche Fahrten geeignet ist, steht nicht erst seit kurzem im Internet, sondern reicht über 1 Jahrzehnt zurück.
Ob die Fa NYCeWheels ihre Marktchancen richtig eingeschätzt hat, ist schwer zu sagen. Die Tatsache, daß der Firmengründer einem Luftfahrtunfall zum Opfer gefallen ist, kann eine entscheidende Rolle gespielt haben., muß aber nicht. Der Trend zu immer größeren Verkaufs-Rämlichkeiten ist bei einem Nischenprodukt wie einem Faltrad bei Konzentration auf dieses Modell mit großen Risiken verbunden, selbst wenn man auf das wachsende Markt-Segment elektrifizierter Falträder setzt, kann es sein, daß es sich nicht rechnet.
Investitionen macht man nur im Hinblick auf einen Gewinn, nicht weil man die Menschheit mit tollen Falträdern beglücken möchte. Kosten und die Undankbarkeit der Käufer sind da verläßliche Größen. Die meisten Käufe beruhen nicht auf rationalen Entscheidungen, sondern auf einem schwer ein zu schätzenden Bauchgefühl. Z.B. bei der Farbe eines Rades, eine spontane Emotion mag evtl. eine bestimmte rote Farbe favorisieren, gekauft wird am Ende aber irgendein schwarz. Ich ordne das unter den "Grieneisen-Geschmack" `) der Deutschen ein. Wie es bei anderen Nationen da aussleht, weiß ich nicht. Zwischen Verkaufs-Angebot und Käufer besteht immer eine Wechsel-Wirkung. Was nicht angeboten wird, kann auch nicht gekauft werden.
*) Grieneisen = ein Berliner Bestatter.
MfG EmilEmil
- Folgende Benutzer bedankten sich beim Autor EmilEmil für den Beitrag (Insgesamt 2):
- Pibach (Di 29. Jan 2019, 14:01) • superfalter (Do 31. Jan 2019, 09:55)