Pibach hat geschrieben: ↑Di Mai 16, 2017 4:58 pm
................
Mich würde interessieren, wie Du daraus Bruchfestigekeit versus Gewicht berechnest.
Jedenfalls haben sich Carbonlenker durchgesetzt. Wird bei Rennrädern und auch MTB inzwischen mehrheitlich (fast ausschließlich) eingesetzt.
...............
Hier mal eine Adresse, um einen Eindruck zu bekommen:
https://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin ... Mandel.pdf
Die Berechnung der Steifigkeitswerte über den Schichtaufbau ist komplex und erfordert gründliche (zeitraubende) Einarbeitung. Ich selbst müßte mich intensiv damit beschäftigen und viele Kenntnisse in dieser Materie wieder auffrischen. Ich verweise aber auf Seite 21 , wo experimentelle Ergebnisse präsentiert werden und eine Würdigung gegenüber theoretischen Überlegungen (Berechnungen) gegeben wird.
Zur Info für alle, die mit den Einheiten der Physik nicht eng vertraut sind : 1 [MegaPascal] = 1 [MPa] = 1 [N/mm²] = 10 [bar] ; 1 [GigaPascal] = 1 [GPa] = 1 [kN/mm²]. 1 [N] = 1 [kg] * 9,81 [m/sec²];
Manchmal findet sich:
1 [bar] ~ 1,02 [kg/cm²] >> "kg" ist da nicht, wie es korrekt wäre, die Masse, sondern die Kraft, die 1 Kg im Schwerefeld ausübt: früher schrieb man dann zur Unterscheidung "KiloPond" : 1 [bar] ~ 1,02 [kp/cm²]
1 kp = 1 KiloPond = 9,81 [N].
Die Bruchfestigkeit, Bruchdehnung und das Gewicht sind Materialkennwerte, die experimentell bestimmt werden müssen. Der klassische Versuchsaufbau bei Metallen (Zugversuch) führt da auf das Spannung-Dehnung-Diagramm.
Ein analoger Versuchsaufbau kann für die "Einzel-Teile" eines Verbund-Werkstoffs (Fasern und Matrix (Harz)) ebenfalls durchgeführt werden. Für eine Berechnung, die dem Konstrukteur eine überschaubare Dimensionierungs-Hilfe wie der eindimensionale Zugversuch gibt, muß der Verbundaufbau (Zahl und Lage der Schichten, Festigkeiten und Steifigkeiten (E-Module, wegen Orthotropie Richtungs-abhängig !), Gewichtsanteile der Komponenten, Querkontraktionszahlen u.a.) bekannt sein. Aus diesen Werten kann dann ein dem Zugversuch bei Metallen vergleichbares Spannung-Dehnung-Diagramm "destilliert" werden.
Es ist deshalb verständlich, daß es bei freier Wählbarkeit der Geometrie keinen Standard-Werkstoff "Carbonfaser verstärkten Kunststoff", "Glasfaser verstärkten Kunststoff" usw geben kann. Denn diese Wählbarkeit der Geometrie erlaubt es dem Konstrukteur, sich für seine geforderte Festigkeit und Steifigkeit seinen Spezial-Werkstoff zurechtzuschneidern. Bei einem 4,3-fach geringerem spezifischen Gewicht der Carbonfaser als Stahl (1,48-fach geringer als Aluminium) und zugleich höherer Festigkeit, lohnt es sich über Carbon-Faser-Verbund nachzudenken. Ein typischer Verbund mit 60% Carbon-Anteil in Epoxidharz (Das fixiert die Fasern und senkt gleichzeitig das Verbundgewicht !) hat ein spezifisches Gewicht von 1,5 [g/cm³]; Stahl hat da 7,85 [g/cm³]; Aluminium 2,7 [g/cm²].
Zur Frage, ob sich etwas am Markt durchsetzt oder nicht: Nicht alles, was physikalisch sinnvoll ist, wird auch verbaut: ZB meine Freunde, die Designer, erkennen sehr schnell, was am Markt durchsetzungsfähig ist oder nicht, unabhängig von der Sinnhaftigkeit. Irgendetwas "gehypt" und schon rollt der Rubel (die Kohle, der Kies, die Knete usw). ZB die Autofelgen aus "Leichtmetall " für mehrere 1000 Euro. Die könnten aus dem Werkstoff Aluminium-Legierung tatsächlich leichter sein als die aus Stahlblech gepressten. Dann müssten die aber auch aus Alu-Blech gepresst (geschmiedet) werden, und nicht als Gußteil hergestellt mit 6-fach so großen Wanddicken wie beim Stahlblech. Das interessiert den Käufer aber nicht (Fiete Schlaumeier denkt, "Ah, Leichtmetall, gut für geringes Gewicht" !) : Hauptsache Optik oder jedem seinen persönlichen Popanz.
Bei den Carbonlenkern der Profi-Szene sagt Dir auch keiner, daß der nach jeder Saison (oder schon vorher ?) ausgewechselt wird. Über Unfälle schweigt des Veranstalters Höflichkeit per se.
Bei Aluminium-Lenkern zB verlangen einige Hersteller ein Austauschen nach drei Jahren (Da geht es nur um die Haftungs-Beschränkung !). Sinnvoll wäre ein Lenker-Material mit einer angemessenen Einschnür-Dehnung, denn dann findet die große Katastrophe bei einer Überlastung nicht statt. Wie so häufig im realen Leben: Gutes Ingenieurwesen wird durch Haftungs-Ausfall-Fallstricke ersetzt. Es ist viel einfacher, die Haftung zu beschränken als bei einem Material gewisse Vorgaben zu machen und deren Einhaltung zu überwachen. Zumal, da sich der gemeine Käufer so schön durch die Manege führen (vorführen) läßt und brav seinen Obulus abdrückt.
MfG EmilEmil