Faltrad und Freihändigfahren
Verfasst: Sa Nov 06, 2010 9:33 am
Da ich im Pedelecforum unterwegs war und ein paar Gedanken über das Freihändigfahren aus dem "Ärmel geschüttelt" habe (Leider nur qualitativ, keine exakt physikalisch-mathematischen Ableitungen !), möchte ich mit den Besitzern verschiedenster Falträder ihre Erfahrungen teilen, wie das bei Ihren Rädern funktioniert. (Freihändigfahren ist für alle Radler ein leicht zugänglicher Test , um die Fahreigenschaften eines Rades zu beurteilen). Mit einem Rad, das nicht freihändig fahrbar ist, würde ich sicher keine 80 km/h und mehr im Gefälle runterstechen !
In meinem Verständnis müssen, um freihändig fahren zu können, drei Dinge gut aufeinander
abgestimmt sein : A) Das Drehmoment, daß das Vorrad zu Seite schlagen läßt: es ist bedingt
durch Lage des gemeinsamen Schwerpunktes von Laufrad und Gabel vor der Lenkachse. Dies
Moment wird aktiv, da von der Schwerkraft bedingt, wenn das Rad eine kleine Neigung zur
Längsebene (Vertikalebene) des Rades im Normalzustand einnimmt. Dies Verhalten kann auch
im Stand beobachtet werden. Es wird als einfacher Test angewandt, um die korrekte Montage
der Lenkungslager zu beurteilen (Ohne Spiel und ohne Verklemmung). Das Moment wird
entsprechend dem Neigungswinkel größer. Radfahren besteht auch bei Geradeausfahrt aus
einer Folge von leichten Kurven, wobei der Radler ständig kleine
Gleichgewichts-Korrekturen vornimmt. Schon die Tretbewegung erfordert ständige
Gewichtsverlagerung. Das zur Seite-Fallen des Vorderrades kontrolliert der Radler in
Normalposition mit seinen Händen und Armen (Dämpfung bzw. Fixierung).
Der freihändig-fahrende Radler bekommt Unterstützung von zwei physikalischen Effekten (B und
C), um sein Vorderrad zu steuern : B) Die Kreiselwirkung des rotierenden Laufrades. Dabei
tritt ein ein Kippmoment in Bahnrichtung des Vorderrades auf ( Arbeitet gegen die Neigung
des Rades ). Nach Zerlegung des Moment-Vektors erkennt man ein dem "Schlagen" des Rades
entgegen wirkendes Moment um die Lenkachse.
C) Der Nachlauf: Die Kraft im
Radaufstandspunkt führt über die Reibwerte zu einer Kraft in Bahnrichtung, die das Rad auf
der Fahrbahn Rollen läßt. Die Richtwirkung ergibt sich dann, wenn das Rad senkrecht zur
Rollbewegung eine seitliche Bewegung ausführt. ( Effekt der Teewagenrolle). Das
Richtmoment ist das Produkt aus der Seitenführungskraft am Radaufstandspunkt mit dem
Hebelarm des Nachlaufs. Dieses Moment ist mit der entsprechenden Komponente gleichfalls
gegen das zur Seite-Schlagen des Rades gerichtet.
Es ist nun eine Frage der Größe des resultierenden Momentes (Summe A,B,C), ob die Bewegung
des Laufrades um die Lenkachse langsam genug abläuft, um dem Radler die Möglichkeit zu
geben, Korrekturen einzuleiten. Geschieht die Schlagbewegung des Rades zu schnell, ist ein
Sturz unvermeidlich. Da die Effekte B,C konservativ (=konstant) sind, der Effekt A aber mit wachsender Schräglage größer wird, gibt einen Punkt, wo jedes Rad unsteuerbar wird.
Es ist nun nicht erstaunlich, daß bei Hinzufügung eines Nabendynamos die Schlagbewegung
schneller wird und Richtung Unkontrollierbarkeit tendiert. Das Gewicht vergrößert das
"Schlagmoment" (destabilisierend), während der zusätzliche Beitrag zum
Kreiselmoment (stabilisierend) bescheiden ausfällt (Die Massen des Nabendynamos haben
"kleine" Radien). Die Fahrräder mit den größeren Raddurchmessern (28" ,26"und 24") sollten bei
der Kreiselstabilisierung trotzdem noch einige Reserven haben.
Interessant wäre es für mich, zu erfahren, welche Falträder freihändig fahrbar sind. Mein Eindruck ist, daß alle Räder mit kleinerem Durchmesser als 20" nicht dazugehören. Einige 20", die ich testen könnte, schafften es auch nicht.
Eine Besserung könnte man über einen größeren Nachlauf steuern (Bei meinem 20" Projekt habe ich bei 2 Gabeln die Vorbiegung --Von 60 mm auf 38 mm bzw 33 mm-- zurückgenommen). Lächerlich ist, daß ich eine Gabel mit der "richtigen" Vorbiegung (Vorlauf) nicht kaufen konnte. Hier ist man aber in der Geometrie an bestimmte Spielräume gebunden. Natürlich kann man auch über eine andere Gewichtsverteilung (Vorderrad/Hinterrad) nachdenken. Ebenso über schwerere Reifen/Felgen, um den Kreisel-Effekt zu verstärken. Nur will man das ? Ein leichtes Falrad ist wegen des einfacheren Transports immer eine Option.
Ich mußte bei meinem 20" Faltrad-Projekt (IBC-Forum,EmilEmil) die Erfahrung machen, daß
Freihändigfahren grenzwertig wurde, nachdem ich leichtere Reifen ( von 600g auf 290 g) und
einen Nabendynamo montiert hatte. Freihändigfahren ist zwar noch möglich, aber für 300 m
muß ich mich nun stark konzentrieren, während vorher 1 km bequem möglich waren. Es kommt
u.a. auch auf den Fahrer an. Ich gebe allen Recht, die sagen, daß man ein nicht freihändig fahrbares Rad eigentlich nicht kaufen sollte.
Nun gibt es ja auch Falträder, die auf Grund (zu) kleiner Radgrößen nicht freihändig fahrbar sind.
Das muß solche Räder nicht generell disqualifizieren (Das Birdy von R&M wurde ja erwähnt!). Peinlich ist nur, daß im Katalog von R&M so getan wird, als ob kleine Räder das Nonplusultra seien. Kleine Räder haben neben Vorteilen auch einige Nachteile (Fallen tiefer ins Mauseloch,Reifenabnutzung u.a.)
Von den 20" Falträdern weiß ich aus eigener (Konstruktions-) Erfahrung, daß sie so gebaut werden können, daß man Nachteile gegenüber größeren Laufrädern nicht verspürt, solange man auf der Straße fährt. Ich kann jedenfalls mit dem 20"-er sicher über 80 km/h im Gefälle runterstechen. Das die Vorurteile gegenüber Falträdern tief sitzen, mußte ich im Pedelecforum erfahren, als ich wegen dieser Aussage als "Münchhausen" beschimpft wurde. Es gibt noch viel zu tun....
MfG EmilEmil
In meinem Verständnis müssen, um freihändig fahren zu können, drei Dinge gut aufeinander
abgestimmt sein : A) Das Drehmoment, daß das Vorrad zu Seite schlagen läßt: es ist bedingt
durch Lage des gemeinsamen Schwerpunktes von Laufrad und Gabel vor der Lenkachse. Dies
Moment wird aktiv, da von der Schwerkraft bedingt, wenn das Rad eine kleine Neigung zur
Längsebene (Vertikalebene) des Rades im Normalzustand einnimmt. Dies Verhalten kann auch
im Stand beobachtet werden. Es wird als einfacher Test angewandt, um die korrekte Montage
der Lenkungslager zu beurteilen (Ohne Spiel und ohne Verklemmung). Das Moment wird
entsprechend dem Neigungswinkel größer. Radfahren besteht auch bei Geradeausfahrt aus
einer Folge von leichten Kurven, wobei der Radler ständig kleine
Gleichgewichts-Korrekturen vornimmt. Schon die Tretbewegung erfordert ständige
Gewichtsverlagerung. Das zur Seite-Fallen des Vorderrades kontrolliert der Radler in
Normalposition mit seinen Händen und Armen (Dämpfung bzw. Fixierung).
Der freihändig-fahrende Radler bekommt Unterstützung von zwei physikalischen Effekten (B und
C), um sein Vorderrad zu steuern : B) Die Kreiselwirkung des rotierenden Laufrades. Dabei
tritt ein ein Kippmoment in Bahnrichtung des Vorderrades auf ( Arbeitet gegen die Neigung
des Rades ). Nach Zerlegung des Moment-Vektors erkennt man ein dem "Schlagen" des Rades
entgegen wirkendes Moment um die Lenkachse.
C) Der Nachlauf: Die Kraft im
Radaufstandspunkt führt über die Reibwerte zu einer Kraft in Bahnrichtung, die das Rad auf
der Fahrbahn Rollen läßt. Die Richtwirkung ergibt sich dann, wenn das Rad senkrecht zur
Rollbewegung eine seitliche Bewegung ausführt. ( Effekt der Teewagenrolle). Das
Richtmoment ist das Produkt aus der Seitenführungskraft am Radaufstandspunkt mit dem
Hebelarm des Nachlaufs. Dieses Moment ist mit der entsprechenden Komponente gleichfalls
gegen das zur Seite-Schlagen des Rades gerichtet.
Es ist nun eine Frage der Größe des resultierenden Momentes (Summe A,B,C), ob die Bewegung
des Laufrades um die Lenkachse langsam genug abläuft, um dem Radler die Möglichkeit zu
geben, Korrekturen einzuleiten. Geschieht die Schlagbewegung des Rades zu schnell, ist ein
Sturz unvermeidlich. Da die Effekte B,C konservativ (=konstant) sind, der Effekt A aber mit wachsender Schräglage größer wird, gibt einen Punkt, wo jedes Rad unsteuerbar wird.
Es ist nun nicht erstaunlich, daß bei Hinzufügung eines Nabendynamos die Schlagbewegung
schneller wird und Richtung Unkontrollierbarkeit tendiert. Das Gewicht vergrößert das
"Schlagmoment" (destabilisierend), während der zusätzliche Beitrag zum
Kreiselmoment (stabilisierend) bescheiden ausfällt (Die Massen des Nabendynamos haben
"kleine" Radien). Die Fahrräder mit den größeren Raddurchmessern (28" ,26"und 24") sollten bei
der Kreiselstabilisierung trotzdem noch einige Reserven haben.
Interessant wäre es für mich, zu erfahren, welche Falträder freihändig fahrbar sind. Mein Eindruck ist, daß alle Räder mit kleinerem Durchmesser als 20" nicht dazugehören. Einige 20", die ich testen könnte, schafften es auch nicht.
Eine Besserung könnte man über einen größeren Nachlauf steuern (Bei meinem 20" Projekt habe ich bei 2 Gabeln die Vorbiegung --Von 60 mm auf 38 mm bzw 33 mm-- zurückgenommen). Lächerlich ist, daß ich eine Gabel mit der "richtigen" Vorbiegung (Vorlauf) nicht kaufen konnte. Hier ist man aber in der Geometrie an bestimmte Spielräume gebunden. Natürlich kann man auch über eine andere Gewichtsverteilung (Vorderrad/Hinterrad) nachdenken. Ebenso über schwerere Reifen/Felgen, um den Kreisel-Effekt zu verstärken. Nur will man das ? Ein leichtes Falrad ist wegen des einfacheren Transports immer eine Option.
Ich mußte bei meinem 20" Faltrad-Projekt (IBC-Forum,EmilEmil) die Erfahrung machen, daß
Freihändigfahren grenzwertig wurde, nachdem ich leichtere Reifen ( von 600g auf 290 g) und
einen Nabendynamo montiert hatte. Freihändigfahren ist zwar noch möglich, aber für 300 m
muß ich mich nun stark konzentrieren, während vorher 1 km bequem möglich waren. Es kommt
u.a. auch auf den Fahrer an. Ich gebe allen Recht, die sagen, daß man ein nicht freihändig fahrbares Rad eigentlich nicht kaufen sollte.
Nun gibt es ja auch Falträder, die auf Grund (zu) kleiner Radgrößen nicht freihändig fahrbar sind.
Das muß solche Räder nicht generell disqualifizieren (Das Birdy von R&M wurde ja erwähnt!). Peinlich ist nur, daß im Katalog von R&M so getan wird, als ob kleine Räder das Nonplusultra seien. Kleine Räder haben neben Vorteilen auch einige Nachteile (Fallen tiefer ins Mauseloch,Reifenabnutzung u.a.)
Von den 20" Falträdern weiß ich aus eigener (Konstruktions-) Erfahrung, daß sie so gebaut werden können, daß man Nachteile gegenüber größeren Laufrädern nicht verspürt, solange man auf der Straße fährt. Ich kann jedenfalls mit dem 20"-er sicher über 80 km/h im Gefälle runterstechen. Das die Vorurteile gegenüber Falträdern tief sitzen, mußte ich im Pedelecforum erfahren, als ich wegen dieser Aussage als "Münchhausen" beschimpft wurde. Es gibt noch viel zu tun....
MfG EmilEmil