morgon hat geschrieben:Hallo,........................
Kann man denn die Angaben verschiedener Hersteller überhaupt vergleichen und kann man die maximale Entfaltung eines 20" Rades mit der eines 24" Rades vergleichen um ein Gefühl für den höchsten Gang zu bekommen oder sind Entfaltungen zwischen 20" und 24" unvergleichbar?
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Ich habe leider im Moment für mich kaum einen Anhaltspunkt welchen Übersetzungs/Entfaltungsbereich ich anstreben sollte, ausser dass ich bei einer Probefahrt mit einem "World City" das Gefühl hatte dass mir noch ein Gang nach oben fehlt...
Danke!
morgon hat geschrieben:...............
Kann man denn die Angaben verschiedener Hersteller überhaupt vergleichen und kann man die maximale Entfaltung eines 20" Rades mit der eines 24" Rades vergleichen um ein Gefühl für den höchsten Gang zu bekommen oder sind Entfaltungen zwischen 20" und 24" unvergleichbar?
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Danke!
Die
ENTFALTUNG ist definiert als der Weg eines Hinterrades auf der Fahrbahn bei einer Kurbelumdrehung.
Sie berücksichtigt unterschiedliche Laufrad-Durchmesser und spezifische Übersetzungen (Egal, ob die Übersetzung verursacht wird von Tretlagerschaltung,Kettentrieb oder Getriebe-Naben oder einer Kombination davon). Bei dem Laufraddurchmesser werden der Felgendurchmesser und die zusätzliche Vergrößerung durch den Reifen berücksichtigt.
Für hinreichende Genauigkeit ist es nicht nötig, die Verringerung des Radius (= halber Durchmesser) beim rollenden Rad infolge der Einfederung zu berücksichtigen. Auch der immer vorhandene und für den Abrieb des Reifen verantwortliche Schlupf (= Gleiten auf der Fahrbahn) bleibt wegen Geringfügigkeit unberücksichtigt.
Der Laufraddurchmesser ergibt multipliziert mit der Zahl Pi (~3,1415...) den Radumfang. Ein übliches Trekkingrad mit einer 622 mm Felge hat mit 37 mm Bereifung einen Durchmesser von 704 mm. Der Umfang ist dann :
U = 704 [mm] *Pi = 2,21 [m]
Es gilt nun die 1 Umdrehung des Kurbeltriebs in die Zahl der Umdrehung(en) des Hinterrades umzuwandeln. Hier kommt nun die Übersetzung ins Spiel : Ein Kettenblatt (vorn) mit 48 Zähnen dreht ein Ritzel (Zahnrad) hinten mit 16 Zähnen im Verhältnis 48:16 = 3,0 schneller. Falls eine Getriebe-Nabe vorhanden ist, muß deren Übersetzung auch berücksichtigt werden. Ist deren Übersetzung zB in einem "großen" (hohen) Gang 1,5, dann dreht das Hinterrad nochmal 1,5-fach schneller. Die Entfaltung ergibt sich dann zu:
E = Ü1*Ü2*U [m] = 3,0*1,5*2,21 [m] = 9,945 [m]
Das ist schon eine sehr große Entfaltung, wie sie im Rennrad-Bereich üblich ist. Damit kann ein Rennfahrer bei einer Trittfrequenz von ca 90 Umdrehungen/je Minute eine Geschwindigkeit von 54 km/h erreichen.
v = E*90*[1/minute]*60[minute/je Stunde]
Natürlich muß er die geforderte Leistung zur Verfügung stellen können.
Entsprechendes gilt für die Entfaltung im "unteren" Bereich. Wir gehen hier mal von 32 Zähne Kettenblatt und 16 Zähne Ritzel, sowie Getriebe-Nabe Ü2 = 0,5 aus:
E = Ü1*Ü2*U [m] = 2,0*0,5*2,21 [m] = 2,21 [m]
Das ist eine Entfaltung, wie sie häufig als Minimum-Entfaltung bei Hobbyfahrern zu finden ist. Das reicht zB bei einem trainierten Hobbyfahrer für ca 13 % Steigung.
Der Entfaltungsbereich erstreckt sich in diesen behandelten Fällen von 2,21 [m] bis 9,945 [m].
Der Rennfahrer lacht in Realiter über 2,21 [m], denn er hat üblicherweise 2,60 [m] bis 2,90 [m] als Minimum und der Hobbyfahrer kann die 9,95 [m] nicht treten (Mangels Muskelschmalz).
Dieses etwas ungewöhnlich Beispiel ging von einem Doppel-Kettenblatt und einer Getriebe-Nabe aus, in der Realität hat man entweder eine Kettenschaltung ( mit/oder ohne Mehrfach-Kettenblatt) oder eine Nabenschaltung (üblicherweise mit nur einem Kettenblatt). Falls keine Nabenschaltung vorhanden ist, hat Ü2 den Wert = 1,0. Kann daher auch weggelassen werden.
Über die Übersetzung erfasst man den Einfluß von Kettentrieb und/oder Schaltnabe, über den Radumfang den Einfluß von Laufradgröße auf die Entfaltung. Die Entfaltung ist damit ein Größe, die universell Raddurchmesser und Übersetzungen von Schaltungrädern vergleichbar macht. Vorrausgestzt ist natürlich, daß man den Vergleich im selben Maßsystem durchführt.
Leider gibt es auch Länder, die die Entfaltung in "inch" , gear-inch" und was sich der Teufel auch immer ausgedacht hat, angeben. Da muß man den richtigen Umrechnungs-Faktor kennen. Dieser ist häufig noch durch andere, schon eingerechnete Faktoren maskiert oder wird fälschlicherweise als "Übersetzung" angegeben. Das ist vielleicht auf die Unkenntnis der Übersetzer (Grundlagen der Physik schon in Vorschul-Alter abgewählt !

) zurückzuführen. Jedenfalls reicht es nicht "inch" in "cm" umzurechnen ( 1inch = 2,54 cm); der Faktor hier ist (ganz leicht gerundet)
1 [inch] => 0,08 [m]. Das gilt nur für die Entfaltung ! Diese wird bei Tern mit "Übersetzung"

angegeben. Also aus:
28 ["] bis 93 ["] ,Tern Verge X20, werden 28 ["]*0,08 [m/"] = 2,24 [m] und 93 ["]*0,08 [m/"] = 7,44 [m]
Man erspare mir bitte, die Ableitungen dafür anzugeben.
Zu dem angegebenen Link zu "Sheldon Brown" ist anzumerken, daß dieser die Definition der Entfaltung nicht verstanden hat (Soviel Richtiges er sonst auch von sich gegeben hat !). Die Kurbellänge braucht keinesfalls für die Entfaltung berücksichtigt werden (Eine Umdrehung bleibt eine Umdrehung, egal wie lang die Kurbel ist). Ich vermute, er wollte damit ausdrücken, daß man eine längere Kurbel mit mehr Kraft drehen muß als eine kürzere. Auch von Gurus sollte man nicht alles ungeprüft übernehmen.
Er scheint schon Schwierigkeiten mit der Zahl Pi gehabt zu haben. Requiescat in pace.
Da ich an anderer Stelle schön meine Präferenz für eine Trekkingrad-Entfaltung von ca 1,50 [m] bis 9,0 [m] auch für Falträder kundgetan habe, folgt hier noch eine persönliche Einschätzung, wie sich Entfaltungen für einen Normal-Fahrer anfühlen: (Gefühlte Werte für einen Anfahr-Vorgang auf ebenem Gelände)
9,0 m = Sehr Schwer; 8,0 = Ziemlich Schwer; 7,0 m = Schwer; (Schnell-Gänge)
6,0 m = Sehr Mühsam; 5,0 = Ziemlich Mühsam; 4,0 m = Mühsam; (Gänge für lockere Fahrt)
3,0 m = Leicht; 2,0 = Ziemlich Leicht; 1,50 m = Extrem Leicht; (Berg-Gänge)
Diese Einschätzung ist kein Dogma, sondern ist als Relativ-Skala zu interpretieren. Hier muß jeder für sich seine Übersetzung und seinen Übersetzungs-Bereich herausfinden. Häufig ist man durch die Einschränkung in der Schaltung (ZB Übersetzungsbereich Alfine8 308 % ?), aber auch beim Faltrad durch kleine Räder+Kettenschaltung (kleinstes Ritzel 11 Zähne, größtes Kettenblatt 55 Zähne, Umfang 1,55 [m] ?) gezwungen, bei der Berg-Fähigkeit oder Schnell-Fähigkeit Kompromisse zu machen.
MfG EmilEmil