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Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Fr Aug 29, 2014 9:31 pm
von Pibach
berlinonaut hat geschrieben: Ja, ich habe es gelesen. Deswegen frage ich ja verwundert nach. Du hast in diesem Thread nicht nur einmal sondern gleich mehrfach geschrieben, dass das Ignorieren von Ampeln, das Nicht-Beachten der STVO sowie das das Fahren ohne Licht im Dunkeln keine Auswirkungen auf die Unfallzahlen hat, solange all dieses von Radfahrern betrieben wird. Und auch, dass die polizeiliche Statistik böswillig falsch ist.
Ich hatte das hier geschrieben:
Pibach hat geschrieben:Eine hohe Eigen-Verletzugsquote spricht demnach dafür, dass der Radfahrer ein erhebliches Eigeninteresse darin hat, nicht in einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug verwickelt zu werden. Und die Selbsterhaltung ist ziemlich sicher eine wesentlich stärkere Motivation, als irgendwelche Gesetze und Verkehrsregeln. Diese wären also in solchen Fällen weitgehend wirkungslos.

Pibach hat geschrieben:Beregelung von Verkehrssituationen, bei denen die Teilnehmer hohes Eigenrisiko eingehen, kann kaum nennenswerten Einfluss haben - oder die Masse der Radfahrer die diese Regeln überschreiten hätte eine völlig unzulängliche Sicherheitswahrnehmung, was ich aber als quasi sicherste greifbare Annahme voraussetze. Ausserdem zeigen das ja auch schon die verfügbaren Statistiken, z.B. die aus den Niederlanden zu der Ampelfreigabe.
Pibach hat geschrieben: Im Grunde sollte man alle Regeln, die systematisch übertreten werden (ohne aber signifikant die Unfallzahlen zu erhöhen), auf den Prüfstand stellen (die anderen Regeln zwar auch, systematisches Übertreten ist aber ein ziemlich sicherer Hinweis darauf, dass mit der Regel etwas nicht stimmt).
Bemerkst Du den Unterschied?

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Fr Aug 29, 2014 10:20 pm
von Pibach
berlinonaut hat geschrieben: Äh, wenn ich Dich daran erinnern darf: Es war Deine Idee durch umfängliche vergleichende Messung komplexer Systeme Einflussfaktoren für etwas, das Du glaube ich "Gefährdungspotential" oder "eingebrachte Risiko" der einzelnen beteiligten Faktoren genannt hast, herauszufinden, um hernach durch gezielte Manipulation der Faktoren das System insgesamt risikoärmer zu machen und zwar vorhersagbar? Und jetzt ist dir auf einmal egal wie das das statistische Ergebnis zustande kommt und welchen Einfluss welche Faktoren haben? Wozu um alles in der Welt sollte man dann diese Irrsinnsmessung überhaupt durchführen, wenn sie keinerlei Erkenntnisgewinn bringt für das angepeilte Ziel? Und auf welche Art und Weise gedenkst Du nun Deine Risikopotentiale zu erkennen und nutzbar zu machen, wenn der von Dir selbst vorgeschlagene Weg der Statistik auf einmal gar nicht geeignet ist Deiner Meinung nach?
Der statistischen Erhebung ist es weitgehend egal, wie und warum etwas zu stande kommt. Das ist nicht deren Thema. Allerdings sollte man darauf achten, dass der Beobachtende die Beobachtung nicht durch irgendwelche Erwartungen und Interpretationen verfälscht. Deshalb werden oft ganz bewusst Einblicke in die Systemzusammenhänge ausgeblendet (siehe Blindstudien). Daher ist der Ansatz über (subjektive) Kategorisierung von Verursachern und Geschädigten eben auch überhaupt nicht sinnvoll.

Ansonsten kann man mit den ermittelte statistischen Zahlen und anhand von Modellen etwas herumjonglieren und versuchen, die Wirkung einiger Einflussfaktoren zu verstehen und vielleicht sogar etwas vorherzusagen oder zu optimieren. Dass man also einerseits Systemdetails ignoriert und andererseits analysiert, je nachdem worum es geht, ist ganz üblich so. Anzunehmen, dass Einflussfaktoren keine Auswirkung hätten ist dagegen offensichtlicher Blödsinn. Und auch die Annahme, dass Statistiken keinen "Erkenntnisgewinn" brächten, wenn sie nicht das wie und warum berücksichtigen, ist reichlich irrig. Da muss man schon gehörig gepudert sein, um sowas hineinzuinterpretieren. Ich wüsste aber auch nicht, wo ich da etwas verwirrend dargestellt haben könnte. Hab eher das Gefühl Du suchst da die Verwirrung, um darüber rumzuspötteln - und teilst da eine gewisse Vorliebe mit Mac. Finde es recht anstrengend, diesen Verwirrungsexzessen immer wieder Geduld entgegen bringen zu müssen - zumal das deinerseits auch mit einem unangenehm spöttischen und anmaßenden Unterton einhergeht, der wirklich nicht sein muss.

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Fr Aug 29, 2014 10:46 pm
von berlinonaut
Pibach hat geschrieben:
berlinonaut hat geschrieben: Ja, ich habe es gelesen. Deswegen frage ich ja verwundert nach. Du hast in diesem Thread nicht nur einmal sondern gleich mehrfach geschrieben, dass das Ignorieren von Ampeln, das Nicht-Beachten der STVO sowie das das Fahren ohne Licht im Dunkeln keine Auswirkungen auf die Unfallzahlen hat, solange all dieses von Radfahrern betrieben wird. Und auch, dass die polizeiliche Statistik böswillig falsch ist.
Ich hatte das hier geschrieben:
Pibach hat geschrieben:Eine hohe Eigen-Verletzugsquote spricht demnach dafür, dass der Radfahrer ein erhebliches Eigeninteresse darin hat, nicht in einen Unfall mit einem Kraftfahrzeug verwickelt zu werden. Und die Selbsterhaltung ist ziemlich sicher eine wesentlich stärkere Motivation, als irgendwelche Gesetze und Verkehrsregeln. Diese wären also in solchen Fällen weitgehend wirkungslos.
Ich würde mal davon ausgehen dass die Selbsterhaltung bei annähernd allen Menschen eine stärkere Motivation ist als Gesetze und Verkehrsregeln. Und auch davon, dass nur wenige Leute vorsätzlich andere verletzen. Also können wir die STVO für alle abschaffen. Alle anderen Gesetze eigentlich auch. Für Dinge, die wir wirklich nicht wollen, führen wir die Todesstrafe ein. Und damit die Motivation auch hoch genug ist flächendeckende Überwachung der Bevölkerung.

Zum Thema Selbsterhaltungstrieb eine Zeitungsmeldung von heute: http://www.tagesspiegel.de/berlin/poliz ... 26774.html Sowas dürfte ja Deiner Meinung nach gar nicht passieren. Weitere Beispiele hatte ich viele Postings weiter oben ja schon im Dutzend verlinkt.

Die STVO ist entgegen Deiner Annahme nicht in erster Linie dafür da Fahrradfahrer zu gängeln oder zu beschützen vor allen anderen - sie regelt das Miteinander aller Verkehrsteilnehmer im Strassenverkehr. U.a. aus der Erkenntnis heraus, dass es einfacher ist, ein paar ganz gut verständliche Spielregeln zu haben, die für alle gelten als jedes mal neu aushandeln zu müssen, wenn zwei Verkehrsteilnehmer aufeinander treffen. Effizienz, Eindeutigkeit und Verlässlichkeit haben halt ein paar Vorteile. Und auch, weil es schwächere Verkehrsteilnehmer als Fahrradfahrer gibt, z.B. Fussgänger, Kinder oder Senioren, die auch durch Radfahrer gefährdet werden und denen teilweise die körperliche Fitness oder geistige Reife fehlt um im Survival of the fittest zu überleben. Es ist qua definitionem Aufgabe des Staates auch diesen Personengruppen Schutz zu gewähren, was zwangsläufig die Stärkeren in ihrer Freiheit einschränkt. Mal abgesehen davon dass es deutlich praktischer ist, wenn im Umfeld "Strassenverkehr" immer die gleichen Grundregeln gelten und man sich nicht je nach Transportmittel neu justieren muss. Das erhöht die Komplexität des Regelwerks und damit die Fehlerrate der Teilnehmenden. Keep it simple stupid ist meistens eine gute Idee.
2013 hatten nach Angaben der Unfallkasse Berlin 745 Grundschulkinder einen Unfall auf dem Schulweg. Insgesamt wurden der Unfallkasse sogar 2350 Unfälle gemeldet, 150 weniger als im Vorjahr.
(http://www.tagesspiegel.de/berlin/schul ... 22812.html)

Es gibt genau keinen vernünftigen Grund warum die STVO nicht für Radfahrer gelten sollte, für alle anderen aber schon. Der einzige Grund den Du im Laufe des Threads genannt hast ist, weil Dich die Regeln stören - sprich Deine persönliche Bequemlichkeit. Was aus der egozentrischen Perspektive wohl für 99,9% der Verkehrsteilnehmer zutrifft, solange "die anderen" sich weiter an die STVO halten müssen. Das ist blöderweise ein unerfüllbares Paradoxon. Wir Motorradfahrer haben dafür einen geflügelten Spruch: "Alle, die langsamer fahren als ich sind lahme Nichtskönner. Alle die schneller fahren als ich sind selbstmörderische Organspender." Was selbstverständlich jeder Motorradfahrer sagt...
Pibach hat geschrieben: Im Grunde sollte man alle Regeln, die systematisch übertreten werden (ohne aber signifikant die Unfallzahlen zu erhöhen), auf den Prüfstand stellen (die anderen Regeln zwar auch, systematisches Übertreten ist aber ein ziemlich sicherer Hinweis darauf, dass mit der Regel etwas nicht stimmt).
Du meinst sowas wie Tempo 30 vor Schulen und Kindergärten, das Verbot in der zweiten Reihe zu parken, den halben Tachowert als Sicherheitsabstand, die Vorschrift bei Nebel oder Nässe die Geschwindigkeit zu reduzieren, das Verbot am Steuer zu telefonieren ohne Freisprechanlage, die Pflicht sein Einkommen zu versteuern oder das Verbot von Ladendiebstahl? Und die Tatsache dass das Ignorieren von Verkehrsregeln (und zwar egal ob durch Radfahrer oder durch andere Verkehrteilnehmer) die Unfallzahlen nachweislich signifikant erhöht scheint in deinem Kopf einfach keinen Platz zu haben.... Welchen Nachweis würdest Du eigentlich akzeptieren? Und was wäre eine Grösse, die Du als signifikant einordnen würdest? Wäre ja durchaus relevant auch für die anderen Sachverhalte oben - die Betroffenen hätten ja das gleiche Recht wie Du auf einen plausiblen Nachweis, um eine Verhaltensänderung zu rechtfertigen...
Pibach hat geschrieben:Bemerkst Du den Unterschied?
Nö. Ich bemerke, dass Du Dich wie ein Aal windest, um bloss nicht konkret oder verbindlich werden zu müssen, wie immer halt. Alles mit man könnte, man sollte, im Prinzip, und müsste man mal untersuchen. Keinerlei handfeste Aussagen, keine Belege, haufenweise Rumgegaukel und Standpunktwechsel wie ein Vietkong im Guerrillakrieg.

Um Deinem Logikelement mal etwas auf die Sprünge zu helfen:
Lassen wir mal kurz die Sinnhaftigkeit einzelner Regelungen der STVO beiseite und nehmen sie einfach spasseshalber mal als gültige und allgemein akzeptierte Norm an. Würdest Du mir zustimmen, dass wenn sich absolut alle buchstabengetreu an die STVO hielten (inclusive des Paragraphen der gegenseitigen Rücksichtnahme) und dabei keine Fehler machten es kaum Unfälle im Strassenverkehr geben dürfte, abseits von seltenen Sonderfällen wie technischen Defekten, Herzinfarkten am Steuer, Naturkatastrophen etc.? Ja? Das ist fein. Dann kommt jetzt die spannende Frage: Warum gibt es trotzdem eine erkleckliche Anzahl an Verkehrsunfällen?

Re: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Fr Aug 29, 2014 11:39 pm
von Harry
@ berlinonaut
Du bist zwar noch nicht sehr lange dabei, hast aber für mich die Rolle desjenigen übernommen, der hier die Leute am ehesten totlabern kann.

Re: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 7:27 am
von berlinonaut
@Harry: Leichen pflastern meinen Weg. :twisted: Allerdings: Ich bin kein Auftagskiller. Wenn Du wen totgelabert habe willst musst Du das schon selber machen. Also zur Klarstellung: Ich labere nicht für Harry Leute hier tot. ;)

Re: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 4:56 pm
von Pibach
derMac hat geschrieben: Ich sehe nicht, das Verursachung irgendwie mit "Schuld" belegt wäre.
Wieso nicht? Ist das nicht offensichtlich?
Aber darum geht es gar nicht. Es geht darum, dass man getrennt sowohl über die Entstehung der Unfalls als auf über die Ursachen für die Schwere der Unfalls nachdenken kann (und IMO auch sollte).
Ok. Ich weiß zwar nicht, wo da der Widerspruch zu meiner Aussage vorher liegen könnte (so hast Du das dargestellt), aber das ist sicher richtig. Und könnte eine interessante Möglichkeit sein, das näher zu differenzieren.
Wie würdest Du das denn machen?
Das sollte jedenfalls die Diskrepanz auch gut herausarbeiten. Also dass dem Autofahrer die Unfallwirkung nur im Schuldfall zugerechnet wird, er aber auch bei unverschuldeten Unfällen eine Unfallwirkung verursacht.

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 6:01 pm
von Pibach
berlinonaut hat geschrieben: Zum Thema Selbsterhaltungstrieb eine Zeitungsmeldung von heute: http://www.tagesspiegel.de/berlin/poliz ... 26774.html Sowas dürfte ja Deiner Meinung nach gar nicht passieren.
Das ist glaub ich ein gutes Beispiel - dass überraschend klar meine Sichtweise stützt.

Wie kann es zunächst sein, dass eine Radfahrerin in eine Hauptverkehrsstraße einbiegt und da einen Bus übersieht und von dem erfasst wird? Eigentich kaum denkbar. Da hast Du recht. Nach meiner Logik ist es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Beobachtungsfehler, d.h. die Situation war vrstl. anders, als beschrieben. Also genauer zu prüfen. Und so scheint hier der Unfallhergang interessanter Weise auch ziemlich anders gewesen zu sein, als der Bericht wiedergibt.

Ich war natürlich nicht dabei. Ich hab mir nur die Unfallstelle auf Google Street View angeschaut (siehe Screenshot-Bild). Aber da ist das so eindeutig, dass wohl kaum einer an folgendem Ablauf zweifeln dürfte:

Das ist eine T-Kreuzung ohne Ampel. Wobei im Kreuzungsbereich ein Fahhradstreifen ist, in den der Radfahrer einbiegen kann.
Dummer Weise hört der Fahrradweg sofort nach paar Metern auf und dann kommt direkt nach der Kreuzung eine Bushaltestelle, da wo eigentlich der Radweg weiter laufen sollte. Noch dümmer, mach der Radweg 2 Meter vor seinem Ende noch einen Knick in die Fahrbahn hinein. Genau da, wo ein Bus auf dem Weg zu seiner Haltestelle entlang muss. Hier ist also - aller Voraussicht nach - der Bus einfach an seine Haltestelle rangefahren und hat die Radfahrererin "erfasst", Bein gebrochen.

Mir sind ähnliche Situationen mit Bussen, die einem den Verkehrsraum durch Heranfahren an Haltestellen entziehen schon oft passiert. Viele Busfahrer fahren da sehr resolut, in der Überzeugung, dass man schon anhalten werde. Vielleicht auch aufgrund des Drucks, ihren Zeitplan einhalten zu müssen. Für einen Radfahrer ist auch nicht so leicht ersichtlich, dass da eine Bushaltestelle naht und der Bus vor einem einscheren und anhalten möchte, und zwar ganz nah am Bürgersteig. Da braucht man viel Erfahrung, um das vorherzusehen und nicht erfasst zu werden. Hat eine 16 Jährige eben nicht unbedingt.

Die "tatsächliche" Ursache war also - aller Vorraussicht nach - nicht eine angeblich missachtete Vorfahrt, sondern die bekloppte Verkehrsführung, gepaart mit einem Busfahrer in Zeitdruck innerhalb eines auf Zeit-Slots ausgerichteten Fahrplan-Systems, sowie einer unerfahrenen Radfahrerin. So richtig "schuld" war eigentlich keiner, es ist, wie so oft, eine Verkettung von einzelnen kleinen Faktoren.

Sucht die Polizei nun nach der Schuld, sie muss die ja irgendeinem zuweisen, so kommt schließlich raus, dass die Radfahrerin "die Vorfahrt missachtet" hätte. Das lag vielleicht auch daran, dass der Busfahrer mit der Polizei auf andere Weise spricht, als eine 16 Jährige nachdem sie ein Bus erfasst hat und sie das Bein gebrochen hat. Ausserdem passt die tatsächliche Ursache auch nicht in die Erfassungschablone der Polizei - und es steht auch keiner der Faktoren in der StVO.

Der Tagesspiegel macht dann daraus "Weil sie die Vorfahrt missachtete, stieß eine 16-Jährige am Donnerstagabend mit einem Bus zusammen." Und sogar noch "Der 38-jährige Busfahrer sowie Fahrgäste blieben unverletzt. ". Einfältiger gehts kaum.

Diese Geschichte kann einen schon sehr ärgerlich machen.

Wäre auch sehr interessant, ob es dann dazu noch Gerichtsentscheidungen geben wird.

Jedenfalls hätte hier wohl auch keine Beregelungsaktivität gegenüber Radfahrern irgendeinen positiven Effekt erzielt.

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 6:54 pm
von berlinonaut
Pibach hat geschrieben:
berlinonaut hat geschrieben: Zum Thema Selbsterhaltungstrieb eine Zeitungsmeldung von heute: http://www.tagesspiegel.de/berlin/poliz ... 26774.html Sowas dürfte ja Deiner Meinung nach gar nicht passieren.
Das ist glaub ich ein gutes Beispiel - dass überraschend klar meine Sichtweise stützt.

Wie kann es zunächst sein, dass eine Radfahrerin in eine Hauptverkehrsstraße einbiegt und da einen Bus übersieht und von dem erfasst wird? Eigentich kaum denkbar. Da hast Du recht. Nach meiner Logik ist es dann mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Beobachtungsfehler, d.h. die Situation war vrstl. anders, als beschrieben. Also genauer zu prüfen. Und so scheint hier der Unfallhergang interessanter Weise auch ziemlich anders gewesen zu sein, als der Bericht wiedergibt.
Das ist genau Deine Logik: Weil nicht sein kann was nicht sein darf fabulierst Du so lange rum, bis es wieder zu Deinem Weltbild passt. Und wenn das bedeutet, das sich Busse mit Hypergeschwindigkeit aus dem Nichts materialisieren, die Polizei lügt und die Tageszeitung auch ist das in jedem Fall wahrscheinlicher, als dass ein Radfahrer einen Fehler begangen haben könnte. :lol:
Pibach hat geschrieben: Ich war natürlich nicht dabei. Ich hab mir nur die Unfallstelle auf Google Street View angeschaut (siehe Screenshot-Bild). Aber da ist das so eindeutig, dass wohl kaum einer an folgendem Ablauf zweifeln dürfte:

Das ist eine T-Kreuzung ohne Ampel. Wobei im Kreuzungsbereich ein Fahhradstreifen ist, in den der Radfahrer einbiegen kann.
Dummer Weise hört der Fahrradweg sofort nach paar Metern auf und dann kommt direkt nach der Kreuzung eine Bushaltestelle, da wo eigentlich der Radweg weiter laufen sollte. Noch dümmer, mach der Radweg 2 Meter vor seinem Ende noch einen Knick in die Fahrbahn hinein. Genau da, wo ein Bus auf dem Weg zu seiner Haltestelle entlang muss. Hier ist also - aller Voraussicht nach - der Bus einfach an seine Haltestelle rangefahren und hat die Radfahrererin "erfasst", Bein gebrochen.
Ich war auch nicht dabei, aber ich zweifele durchaus. Einen anderen Ablauf halte ich nicht für völlig ausgeschlossen. Im Zeitungsbericht steht:
Eine 16-jährige Radfahrerin missachtete gestern Abend kurz nach 18 Uhr die Vorfahrt, als sie von der Heinrich-Mann-Straße in die Hermann-Hesse-Straße in Niederschönhausen einbog. Ein BVG-Bus der Linie 150, der vorfahrtsberechtigt war und die Hermann-Hesse-Straße in Richtung Pastor-Niemöller-Platz befuhr, erfasste die Jugendliche.
Da der Bus auf einer Vorfahrtberechtigen Strasse fuhr war die einbiegende Radfahrerin in jedem Fall wartepflichtig. Wenn der Unfall also beim Abbiegen passiert ist war die Radfahrerin in jedem Fall die Unfallverursacherin. Und wie man auf Deinem Stree-View-Ausschnitt sieht (der entgegen der Fahrtrichtung des Busses aufgenommen ist) ist es gar nicht so einfach einen Bus zu übersehen, wenn man aus der Seitenstrasse kommt, die ebenfalls auf dem Bild ist. Was den Ablauf angeht: Wir wissen nicht, ob die Radfahrerin nach links abbiegen wollte, also die Strasse querte, oder nach rechts. Und schon gar nicht wissen wir, wo der Unfall genau passierte. Die Formulierung "beim Abbiegen" legt den Schluss nahe, dass der Unfall im Kreuzungsbereich passiert ist - die Bushaltestelle ist davon ein Stückchen entfernt, wie man auf Google maps sieht weiter, als es bei Street-View den Anschein hat. Das ist aber genau wie die Radweg- bzw. Schutzstreifenführung vollkommen egal, weil die Radfahrerin eben hätte warten müssen, völlig egal ob sie nach links oder nach rechts wollte. Dass der Busfahrer ohne Not eine Radfahrerin umnietet einfach weil sie ihm im Weg ist auf dem Weg zu Bushaltestelle ist halte ich für unwahrscheinlich, übersehen kann er sie auch kaum haben.
Pibach hat geschrieben: Mir sind ähnliche Situationen mit Bussen, die einem den Verkehrsraum durch Heranfahren an Haltestellen entziehen schon oft passiert. Viele Busfahrer fahren da sehr resolut, in der Überzeugung, dass man schon anhalten werde. Vielleicht auch aufgrund des Drucks, ihren Zeitplan einhalten zu müssen. Für einen Radfahrer ist auch nicht so leicht ersichtlich, dass da eine Bushaltestelle naht und der Bus vor einem einscheren und anhalten möchte, und zwar ganz nah am Bürgersteig. Da braucht man viel Erfahrung, um das vorherzusehen und nicht erfasst zu werden. Hat eine 16 Jährige eben nicht unbedingt.
Wenn Du Bushaltestellen übersiehst hast Du ein Problem im Strassenverkehr - und vielleicht auch mit Deinen Augen, aber das nur nebenbei. Da die 16-jährige vielleicht nicht unbedingt die Erfahrung oder das Einsichtsvermögen hat, die Situation auf die sportliche zu handeln wäre es vielleicht keine dumme Idee sich einfach an die STVO zu halten und zu warten, wenn man von einer nachrangigen Strasse abbiegen will. Nur so als Anregung.
Pibach hat geschrieben: Die "tatsächliche" Ursache war also - aller Vorraussicht nach - nicht eine angeblich missachtete Vorfahrt, sondern die bekloppte Verkehrsführung, gepaart mit einem Busfahrer in Zeitdruck innerhalb eines auf Zeit-Slots ausgerichteten Fahrplan-Systems, sowie einer unerfahrenen Radfahrerin.
Nun kommt viel Phantasie ins Spiel und jetzt sind sogar schon die Arbeitgeber des Busfahrers "schuld". Und natürlich die bekloppte Verkehrsführung. Allerdings ist sie an dieser Stelle soweit ich erkennen kann überhaupt nicht bekloppt sondern ziemlich übersichtlich und erheblich besser als an vielen anderen Stellen in Berlin.
Pibach hat geschrieben: Sucht die Polizei nun nach der Schuld, sie muss die ja irgendeinem zuweisen, so kommt schließlich raus, dass die Radfahrerin "die Vorfahrt missachtet" hätte. Das lag vielleicht auch daran, dass der Busfahrer mit der Polizei auf andere Weise spricht, als eine 16 Jährige nachdem sie ein Bus erfasst hat und sie das Bein gebrochen hat. Ausserdem passt die tatsächliche Ursache auch nicht in die Erfassungschablone der Polizei - und es steht auch keiner der Faktoren in der StVO.
Und dass sie ganz eventuell vielleicht tatsächlich "die Vorfahrt missachtet" haben könnte ist vollkommen ausgeschlossen?
Pibach hat geschrieben:Jedenfalls hätte hier wohl auch keine Beregelungsaktivität gegenüber Radfahrern irgendeinen positiven Effekt erzielt.
Es gibt hier eine Beregelungsaktivität, die für alle Verkehrsteilnehmer gilt: Das Schild "Vorfahrt achten". Und wenn man sich dran hält wird man auch nicht vom Bus überfahren.

Das jetzt nur exemplarisch um noch mal die Absurdität Deiner Argumentation aufzuzeigen. Vorher ein gewünschtes Ergebnis festzulegen und dann solange an den Fakten rumzudrehen bis sie unter grosszügigster Dehnung aller denkbaren Parameter und Auslassung zahlreicher anderer halbwegs zur definierten Wahrheit passen und das dann anschliessend als alleingültig zu verkaufen halte ich ehrlich gesagt für nicht sehr zielführend.

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 7:17 pm
von Pibach
berlinonaut hat geschrieben: Und dass sie ganz eventuell vielleicht tatsächlich "die Vorfahrt missachtet" haben könnte ist vollkommen ausgeschlossen?
Vollkommen ausgeschlossen ist nichts.
Aber schau noch mal das Bild genau an. Wenn Du da aus der Heinrich Mann str (im Bild hinten links zu sehen. Edit: Bild von der Einmündung angefügt, da sieht man das deutlich) nach rechts auf die Herrmann Hesse Str einbiegst, hat der Radfahrer ja seine Spur, die zunächst auch gar nicht im Fahrweg des kreuzenden Verkehrs liegt. Missachtung der Vorfahrt kann da so einfach also nicht reichen für eine Kollision.

Der Bus fährt die wohl kaum frontal um, das würde ich auch für unwahrscheinlich halten.
Wird wohl ein Schlenker mit anschließendem Einscheren an die Haltestelle gewesen sein, die Radfahrerin hat das dann wohl nicht geschnallt, was der Busfahrer vor hat und sie schneiden wird. Wie er die "erfasst" hat ist unklar, aber am wahrscheinlichsten wohl einfach Breitseite und sie ist dann gestürzt. Wenn der sie frontal angefahren hätte oder ein Rad rollt drüber, wäre wohl deutlich mehr passiert als "Beinbruch".

Das ist das natürlich alles Spekulation. In diesem Fall aber ziemlich stichhaltige.

Klar, evtl. ist sie nicht nach rechts sondern nach links abgebogen - und hat den Bus komplett übersehen. Aber glaubst Du das tatsächlich?

Re: AW: Promillegrenze für Radfahrer

Verfasst: Sa Aug 30, 2014 8:03 pm
von berlinonaut
Pibach hat geschrieben:
berlinonaut hat geschrieben: Und dass sie ganz eventuell vielleicht tatsächlich "die Vorfahrt missachtet" haben könnte ist vollkommen ausgeschlossen?
Vollkommen ausgeschlossen ist nichts.
Aber schau noch mal das Bild genau an. Wenn Du da aus der Heinrich Mann str (im Bild hinten links zu sehen. Edit: Bild von der Einmündung angefügt, da sieht man das deutlich) nach rechts auf die Herrmann Hesse Str einbiegst, hat der Radfahrer ja seine Spur, die zunächst auch gar nicht im Fahrweg des kreuzenden Verkehrs liegt. Missachtung der Vorfahrt kann da so einfach also nicht reichen für eine Kollision.
Vor allen Dingen sieht man da deutlich ein Vorfahrt-achten-Schild. Und da es sich hier keine bauliche Trennung der Fahrstreifen gibt, wie es etwa bei bei den vielgeschmähten Hochbordradwegen der Fall wäre, sondern Radfahrer und Bus sich die Strasse teilen, zudem die Strasse nicht sehr breit ist, der Bus aber wohl und die Bushaltestelle nicht fern ist es schlau, das Vorfahrt-Schild auch zu beachten. Darauf darf sich auch jeder Verkehrsteilnehmer verlassen. Wenn man diese Konventionen ignoriert kann man das ja gerne tun - aber eben auf eigene Verantwortung. Und wenn dann ein Unfall passiert ist man halt der Unfallverursacher. It's that easy. So ein Bus hat halt eine heftige Masse und kann nicht bremsen oder ausweichen wie ein Sportwagen - zudem sind da ja auch noch Fahrgäste drin, die bei so einer Aktion potentiell kreuz und quer durcheinanderpurzeln mit entsprechender Verletzungsgefahr. Kurz: Man sollte sich als Radfahrer genausowenig mit Bussen anlegen wie mit Sattelschleppern, wenn man an seinem Leben hängt. Die ganze Überlegerei kann man sich vollständig sparen, wenn man einfach nur das Schild beachtet.
Pibach hat geschrieben: Der Bus fährt die wohl kaum frontal um, das würde ich auch für unwahrscheinlich halten.
Wird wohl ein Schlenker mit anschließendem Einscheren an die Haltestelle gewesen sein, die Radfahrerin hat das dann wohl nicht geschnallt, was der Busfahrer vor hat und sie schneiden wird. Wie er die "erfasst" hat ist unklar, aber am wahrscheinlichsten wohl einfach Breitseite und sie ist dann gestürzt.
Oder z.B. beim Queren die Radfahrerin noch am Hinterrad erwischt. Oder der Bus war schon fast vorbei, hat vor der Bushaltestelle gebremst und sie hat den Bus noch hinterrücks erwischt. Oder oder oder - wir wissen es nicht und wir werden es auch nicht herausfinden. Das einzige was wir wissen ist: Hätte die junge Dame die Vorfahrt geachtet, wie es das entsprechende Verkehrszeichen vorschreibt, wäre wohl nichts passiert.
Pibach hat geschrieben:Das ist das natürlich alles Spekulation. In diesem Fall aber ziemlich stichhaltige.
Spekulation ja, ziemlich stichhaltig nein. Wenn wir die "Schuldfrage" einfach mal Ausklammern und überlegen, wie in der Situation ein Unfall vermieden werden kann bleibt eh nur "anhalten und warten". Was zufällig das ist, was das Schild nahelegt.
Pibach hat geschrieben:Klar, evtl. ist sie nicht nach rechts sondern nach links abgebogen - und hat den Bus komplett übersehen. Aber glaubst Du das tatsächlich?
Nö, ich glaube da gar nichts. Ich weiss es schlicht nicht und habe keine Möglichkeit es rauszufinden. Also gibt es keine Grundlage auf der ich irgendetwas glauben könnte. Die Variante links abbiegen wollen mit dem Gedanken "das schaff ich noch vor dem Bus" ist genauso eine valide Option wie alle anderen denkbaren Szenarien. Der einzig gesicherte Fakt ist: Hätte die Radlerin das Schild beachtet wäre nichts passiert.

(Ganz am Rande: gute Besserung an die Radlerin - sie hat ja noch mal Glück im Unglück gehabt).