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Re: 20" Reifen: Meinungen/Erfahrungen/Preise

Verfasst: Di Sep 04, 2012 6:35 pm
von derMac
Pibach hat geschrieben:Es sind mm, nicht cm.
Oh, sorry, das hätte ich merken müssen. Ja, wahrscheinlich rollt der 28er bei 5 bar schlechter.
Und ja, wenn du auf Komfort verzichtest rollt der schmale Reifen auch gut. Aber ist es das, worauf du hinaus wolltest? Dazu hatte ich doch schon gaanz am Anfang gesagt: bei den kleineren Räder möchte man etwas weicheres abrollen.
Ich wollte eigentlich darauf hinaus, dass ein schmaler Reifen gut rollen (hohe Drücke) und gut federn kann (weil er bei hohen Drücken noch nicht so hart ist). Das hattest du ja gerade zitiert und das schmale Reifen bei hohen Drücken noch gut federn kann man selbst ausprobieren. Emils Berechnungen scheinen mir da tatsächlich zu widersprechen und ich kann dir nicht erklären warum.

Mac

Re: 20" Reifen: Meinungen/Erfahrungen/Preise

Verfasst: Di Sep 04, 2012 6:53 pm
von Pibach
Ja, man muss noch mal prüfen, wo ggf andere Einflüsse liegen. Auch z.B. Bei den Messenger Europameisterschaften hab ich nur schmale Reifen gesehen.

Ein Faktor ist wohl, das auch das gesamte Rad mitfedert. Ich fahre auf leichten Rädern ja eben auch schmalere Reifen. Da hat man dann weniger ungefederte Masse. Das Fahrergewicht muss dabei aber entkoppelt sein, also z.B. durch Wiegetrittt oder ähnlich (Sattel/Wirbelsäule). Vielleicht liegt es auch an der Seitenstabilität, der niedrige Luftdruck wirkt dabei ja schwammig. Hast denn mal wirklich systematisch verschiedene Reifen verglichen?

Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderstand

Verfasst: Di Sep 04, 2012 8:48 pm
von Pibach
Ich liste mal die bislang bekannten Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderstand:

a) die Seitenkarkasse biegt sich weniger im Verhältniss zur Reifenhöhe -> geringerer Walkverlust
b) die Walktiefe ist dafür größer -> höherer Walkverlust
c) breite der Auflagefläche größer -> mehr durchwalktes Material, höherer Walkverlust
d) kürzere Auflagefläche -> geringerer Rollwiderstand
e) tiefere Eindellung -> höherer Walkverlust, mehr Rollwiderstand
f) geringere Kräfte bei Unebenheiten -> geringerer Verlust
g) mehr ungefederte Masse -> höherer Verlust bei Unebenheiten
h) Materialspannung bei selben Luftdruck wächst, und zwar laut Kesselformel linear zum Reifendurchmesser, der Luftdruck ist dafür geringer, auch etwa linear zum Reifendurchmesser, um eine vergleichbare Durchschlagfestigkeit beizubehalten (@Emil: kannst Du das prüfen?). Das hebt sich also etwa auf, d.h. Materialfestigkeit kann vergleichbar gewählt werden -> kaum Änderung für den Walkverlust
i) breitere Stirnfläche -> mehr Luftwiderstand

Noch etwas?

Wie man sieht gibt es eine Reihe entgegengesetzt wirkender Einflüsse. Je nach Untergrund, Material und Luftdruck sind die unterschiedlich zu quantifizieren. Genaue Modelle hierzu kenne ich bisher nicht. U.a. wird bei der Normalkraft nicht unterschieden ob die bewirkende Masse gefedert ist oder nicht, das macht für ein schnell fahrendes Objekt auf unebenem Untergrund aber einen großen Unterschied.

Re: Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderst

Verfasst: Di Sep 04, 2012 11:37 pm
von EmilEmil
Pibach hat geschrieben:Ich liste mal die bislang bekannten Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderstand:
.................................
h) Materialspannung bei selben Luftdruck wächst, und zwar laut Kesselformel linear zum Reifendurchmesser, der Luftdruck ist dafür geringer, auch etwa linear zum Reifendurchmesser, um eine vergleichbare Durchschlagfestigkeit beizubehalten (@Emil: kannst Du das prüfen?). Das hebt sich also etwa auf, d.h. Materialfestigkeit kann vergleichbar gewählt werden -> kaum Änderung für den Walkverlust
i) breitere Stirnfläche -> mehr Luftwiderstand
.............................
Hallo @PeterPibach,Du hast ja da eine Vielzahl von gegensätzlichen Einflußfaktoren aufgelistet, deren Fazit doch wohl ist, daß man ohne genauere Messungen und/oder Berechnungen keine seriösen Aussagen machen kann.
Die Aussage, daß breite Reifen besser rollen als schmale, kann ich aus den mir bekannten Erklärungen zB über die Form der Ellipsen nicht herleiten (Der Vergleich von "runderen" Ellipsen bei breiten Reifen zu "länglicheren" bei schmaleren Reifen ist eine richtige, aber mit Sicherheit unzulässige Vereinfachung der Problematik: Selbst der Zusatz "bei gleichem Druck" wird der Sache nicht gerecht. Denn ein breiter Reifen baut auf der Felge höher auf und vergrößert damit den Aussendurchmesser des Laurades.
Ein Laufrad mit größerem Durchmesser rollt leichter als ein kleineres.
Die Einfederung spielt zB auch eine entscheidende Rolle). Bei Belastung plattet der Reifen ab, und im Längsschnitt sowohl als auch im Querschnitt ergibt sich "überschüssiges" Material (Die Sehne ist halt kürzer als der Kreisbogen), das seitlich an der Ellipsenberandung Falten bildet, deren Deformation Ursache für den Rollwiderstand ist. Die Deformation dabei ist von elastischer und dissipativer Art. Diese um die Ellipse umlaufenden Falten müssen bei Bewegung zusätzlich um den Radumfang wandern.Diese dissipative Deformation hat den Charakter einer Trockenreibung ( ist de facto unabhängig von der Fahrgeschwindigkeit). Hier muß man den Rollwiderstand (Kraft !) von der Rollwiderstandsleistung unterscheiden. Die Rollwiderstandsleistung (Kraft x Geschwindigkeit) wächst linear mit der Fahrt.
Bei Aussagen über einen schwierigen Sachverhalt sollte man die Problematik möglichst einfach halten. Wenn man das Grundprinzip der Rollreibung für einen Reifen auf einer ebenen Fahrbahn erklären kann, ist viel gewonnen. Fragen des Untergrundeinflußes, der Aerodynamik und des Federungswiderstandes sind vorerst zurüchzustellen.
Der Hinweis auf die Kesselformel ist interessant, diese Formel muß aber auf einen Kreisringtorus angepaßt werden (Der Torus ergibt sich aus dem Kreiszylinder durch Biegung: Dehnung der äußeren Flächen und Stauchung der inneren Flächen)-
Sorry, mehr kann ich im Moment nicht beitragen.
MfG EmilEmil
PS: denkt auch an die Forum-Leser, die einfach nur gewisse Informationen über Reifen haben möchten (Meinungen,Erfahrungen,Preise ?)

Re: Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderst

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 12:12 am
von Pibach
EmilEmil hat geschrieben:Du hast ja da eine Vielzahl von gegensätzlichen Einflußfaktoren aufgelistet, deren Fazit doch wohl ist, daß man ohne genauere Messungen und/oder Berechnungen keine seriösen Aussagen machen kann.
Im Prinzip ja, genau.
Paar Üerlegungen kann man allerdings schon machen.
Wählt man den Luftdruck auf etwa gleichen Komfort, ist die Walktiefe nicht größer, b) und e) treffen dann nicht zu. i) ist recht klein bei Geschwindigkeiten unter 30km/h, g) kann man z.B. erstmal ungefedertes Fahrergewicht annehmen, z.B. wegen Gepäck oder man bleibt starr sitzen, wie in einem Velomobil, dann ist das Reifengewicht nicht wesentlich. Dann sollten die Effekte d) und f) die höhere Walkung überwiegen, wenn das eine Leichlaufkarkasse ist. Für den F-Lite scheint das ja auch ganz gut hinzukommen.
..."runderen" Ellipsen...elastischer und dissipativer Art... Trockenreibung ...
Ja, genau. Ich denke ein paar dieser Einflüsse sind aber gering, z.B. Vergrößerung des Umfangs (wenige Prozent) und Torus statt Zylinder (müsste trotzdem linearer Zusammenhang bleiben).
Wenn man den Einfluss des Untergrundes allerdings vernachlässigt kommt kaum Unterschied raus. Auf der glatten Rolle sind die Unterschiede recht gering, das wissen wir ja bereits durch die Rollenmessungen. Ich gehe davon aus, dass erst ab einer Gewissen 'Rauheit' f) zum Tragen kommt und der Breitreifen dann entsprechend besser rollt.

Walkverlust

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 11:09 am
von Pibach
noch etwas Präzisierung zu c):
Der Walkverlust entsteht ja wie Emil beschrieben hat durch Schieben der Wulst an der Grenze der Auflagefläche. Die Auflagefläche ist bei Breitreifen wegen des geringeren Luftdrucks entsprechend größer. Allerdings rundlicher. Wählt man die Luftdrücke so, dass vergleichbarer Komfort besteht (gleiche Eindelltiefe), bleibt die Auflagefläche etwa gleich lang und wird etwas breiter.

Ich glaube die steifer aufgebaute Lauffläche hat etwas höheren Walkverlust je Walkrandlänge als die Seitenkarkasse, die ja dünner/leichter gebaut ist. Dafür hat die Seitenkarkasse etwas größere Walkwinkel. Jedenfalls dürfte eine rundliche oder leicht längliche Elipse als Auflagefläche gegenüber einer sehr länglichen Elipse besser laufen.

Auf der glatten Straße scheint die Reifenbreite aber kaum relevanten Unterschied zu machen. Dazu die Ergebnisse der MTB Reifen Diplomarbeit von Peter Nilges: "auf der Straße keinen eindeutigen Unterschied zwischen einem breiten oder einem schmalen Reifen".

Überlegt man, wie der Reifendurchmesser dies beeinflusst, ergibt sich bei gleicher Eindelltiefe zwar etwas längere Auflagefläche (bei gleicher Reifenbreite müsste man also etwas geringeren Luftdruck wählen), der Segmentwinkel veringert sich aber (geringfügig). Die länglichere Auflagefläche dürfte wegen dem längeren Rand zunächst etwas mehr Walkverlust bedeuten. Allerdings ist die Walkwulst bei größerem Raddurchmesser in Längsrichtung kleiner (bei der gleichen Eindelltiefe) und auch durch den reduzierten Segmentwinkel entsteht weniger Verlust.

Sehr interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch die vielen Diskussionen, die durch die Einführung von 29" bei MTB geführt werden. Da gibt es ja inzwischen auch viele Ergebnisse aus diversen Rennen, man weiß also bei welchen Bedingungen welches Material (Reifengröße, Breite und Luftdruck) Vorteile bietet. Die 29er sind wohl bei Marathon Rennen (also ohne große Technische Schwierigkeiten) im Vorteil, da sie leichter abrollen. Dies entsteht vermutlich - anderes als auf Asphalt - durch Verlust beim Rollen über diverse Hindernisse, da haben große Räder Vorteile. Ist der Boden weich (Wald etc) ist vermutlich aber der breite Reifen im Vorteil, also der 26", da man die 29" wegen des Reifengewichtes meistens etwas schmaler fährt. Bei technisch schwierigen Strecken mit engen Kurven etc sind die 26er geeigneter.

Re: Walkverlust

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 12:48 pm
von Harry
Pibach hat geschrieben: Auf der glatten Straße scheint die Reifenbreite aber kaum relevanten Unterschied zu machen. Dazu die Ergebnisse der MTB Reifen Diplomarbeit von Peter Nilges: "auf der Straße keinen eindeutigen Unterschied zwischen einem breiten oder einem schmalen Reifen"
Jetzt wirds unfair. Du greifst Dir auch irgend einen Satz und legst ihn Dir zurecht.

Da steht:
Wie wirkt sich die Reifenbreite aus? Im Test reichte sie von 2,0 bis 2,4 Zoll, also von 50 bis 62 mm. Die gewonnenen Daten (Diagramm 2) lassen Schmalspur-Fahrer aufhorchen. Während es auf der Straße keinen eindeutigen Unterschied zwischen einem breiten oder einem schmalen Reifen gibt, rollen im Gelände breite Reifen nachweislich leichter! Je rauer der Untergrund, umso größer der Vorteil, wie die Messungen auf der Wiese belegen.


Das sind die Reifen:
Bild

Das sind die Testwege:
Bild

Hier geht es um MTB Reifen. Das hat für Deine Argumentation weniger Aussagekraft, als Du versuchst zu destillieren.

Ist doch schön, dass nicht alle einer Meinung sind...

Re: 20" Reifen: Meinungen/Erfahrungen/Preise

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 1:04 pm
von derMac
Pibach hat geschrieben:Ein Faktor ist wohl, das auch das gesamte Rad mitfedert. Ich fahre auf leichten Rädern ja eben auch schmalere Reifen. Da hat man dann weniger ungefederte Masse. Das Fahrergewicht muss dabei aber entkoppelt sein, also z.B. durch Wiegetrittt oder ähnlich (Sattel/Wirbelsäule).
Ich denke zwar, dass dir Federung im Rahmen für den Komfort eine Rolle spielt, aber nicht für die Rollgeschwindigkeit. Rad halte ich für ganz vernachlässigber.
Hast denn mal wirklich systematisch verschiedene Reifen verglichen?
Verglichen ja, wirklich systematisch nein. Das ist nämlich aufwändig. Man braucht gleich aufgebaut Reifen in verschiedenen Größen und jeweils zur Größe halbwegs passende Felgen. Dazu vergleichbare Drücke (zB gleicher Komfort oder einfach max) Dann mit dem gleichen Gefährt bei halbwegs gleicher Temperatur Messen. Das wäre der für einen Vergleich schmal/breit notwendige Aufwand. Bei Tests im Netz nach denen ich mich normalerweise für Reifen entscheide weden eben nur konkrete Reifen miteinander verglichen, nicht schmal/breit. Aber für den Alltag muss man das IMO nicht übertreiben.

Mac

Re: Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderst

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 1:16 pm
von derMac
Pibach hat geschrieben:Ich liste mal die bislang bekannten Faktoren zu breit versus schmal hinsichtlich Rollwiderstand:

a) die Seitenkarkasse biegt sich weniger im Verhältniss zur Reifenhöhe -> geringerer Walkverlust
b) die Walktiefe ist dafür größer -> höherer Walkverlust
c) breite der Auflagefläche größer -> mehr durchwalktes Material, höherer Walkverlust
d) kürzere Auflagefläche -> geringerer Rollwiderstand
e) tiefere Eindellung -> höherer Walkverlust, mehr Rollwiderstand
Der Walkverlust entsteht IMO hauptsächlich durch die Wulst im Reifen, die der Latsch vor sich herschiebt. Das wird mit deinen Parametern kaum abgebildet, dafür hast du einen Haufen Scheinparameter. Zwischen Walkverlust und Rollwiderstand zu unterscheiden erscheint mir auch nicht so sinnvoll, da der Rollwiderstand praktisch hauptsächlich durch den Walkverlust entsteht.
f) geringere Kräfte bei Unebenheiten -> geringerer Verlust
Da hatte ich schon meine Skepsis angemeldet.

Mac

Re: Walkverlust

Verfasst: Mi Sep 05, 2012 1:20 pm
von derMac
Pibach hat geschrieben:Sehr interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch die vielen Diskussionen, die durch die Einführung von 29" bei MTB geführt werden. Da gibt es ja inzwischen auch viele Ergebnisse aus diversen Rennen, man weiß also bei welchen Bedingungen welches Material (Reifengröße, Breite und Luftdruck) Vorteile bietet. Die 29er sind wohl bei Marathon Rennen (also ohne große Technische Schwierigkeiten) im Vorteil, da sie leichter abrollen. Dies entsteht vermutlich - anderes als auf Asphalt - durch Verlust beim Rollen über diverse Hindernisse, da haben große Räder Vorteile. Ist der Boden weich (Wald etc) ist vermutlich aber der breite Reifen im Vorteil, also der 26", da man die 29" wegen des Reifengewichtes meistens etwas schmaler fährt. Bei technisch schwierigen Strecken mit engen Kurven etc sind die 26er geeigneter.
Ja, deshalb macht es auf wirklich schlechten Straßen auch Sinn, breite Reifen mit großem Durchmesser zu fahren.

Mac