Moin,
Ich dokumentiere mal die Übersetzung eines Artikels zu dem ehem. Radrennfahrers und jetzigem Beraters für Fahrradpolitik Chris Boardman zum Thema:
http://road.cc/content/news/111258-chri ... cling-safe
(Übersetzung : Eva Kröcher ((de.rec.fahrrad)), mit Genehmigung von Autor und Verlag)
Gruß Karsten
Chris Boardman: "Helme gehören nicht zu den zehn wichtigsten
Dingen, die Radfahren sicher machen."
Chris Boardman, britischer Berater für Fahradpolitik, erklärte,
es sei Zeit, die Diskussion über eine Helmpflicht zu beenden
und die Botschaft zu verbreiten, der Helm sei eine der
unwichtigsten Sicherheitsmaßnahmen beim Radfahren.
Allein das Gerede über eine Helmpflicht hielte Leute in
erheblichem Maße vom Radfahren ab, sagte Boardman, und verglich
die Helmträger unter den Fahrradfahrern mit Leuten, die sich
panzern, weil sie sich daran gewöhnt haben, daß auf sie
geschossen wird.
Im Gespräch mit road.cc sagte Boardman: "Ich denke, mit der
Helmdiskussion lassen wir uns in die Irre führen. Helme gehören
nicht zu den zehn wichtigsten Dingen, die Radfahren sicher
machen, oder allgemeiner gesagt die meisten Leben retten."
Du wirst beschossen, trage eine Rüstung
Boardman wiederholte eine Analogie, das er früher schon
gebracht hatte, und von der er selbst sagt, sie sei etwas
übertrieben, obwohl sie den Punkt träfe.
"Ein ist ungefähr so, als wenn jemand sagt, daß Leute aus dem
Hinterhalt auf dich schießen und du daher eine Rüstung anziehen
solltest," meinte er.
Wenn die Regierung das Tragen von Helmen fördere, sei das daher
"ein Feldzug der Leute, die eigentlich die Schießerei beenden
sollten, dafür, daß Menschen Rüstungen tragen."
"Wenn man jemanden sieht, der eine Rüstung trägt, obwohl
nirgends geschossen wird, denkt man, man gehe um Himmels willen
doch nicht raus, wenn sie dort draußen auf der Straße Rüstungen
tragen. Es schreckt die Leute ab."
Für die Sicherheit beim Radfahren gibt es bessere Lösungen,
erklärte Boardman. In den Niederlanden trügen gerade 0,8
Prozent der Fahrradfahrer Helme, doch hätten die Niederländer
dank einer abgetrennten Fahrrad-Infrastruktur die geringste
Rate von Kopfverletzungen bei Fahrradfahrern. Dreißig Prozent
aller Wege in den Niederlanden würden mit dem Fahrrad erledigt,
so Boardman, und fünfzig Prozent der Kinder führen mit dem
Fahrrad zur Schule. "Die Niederländer haben die beste Methode,
Kopfverletzungen zu verhindern," erklärte er. "Wo es die höchte
Helmtrage-Quote, gibt es auch die meisten Kopfverletzungen: Bei
uns und in den USA."
Dennoch gibt es unter den passionierten und sportlichen
Fahrradfahrern eine beinahe fanatische und kniefällige
Begeisterung für Fahradhelme.
Boardman sagte dazu: "Leute, die eine Rüstung tragen, gewöhnen
sich daran, daß auf sie geschossen wird, obwohl das eigentliche
Problem darin besteht, daß auf sie geschossen wird."
Ein Ablenkungsmanöver
Die Helmdiskussion sei zu einem zeitraubenden Nebenschauplatz
geworden, meinte Boardman. "Wir müssen die Helmdiskussion
frontal angehen, weil sie so nervtötend ist," sagte er. "Sie
verlangt unverhältnismäßig viel Aufmerksamkeit. Wenn man drei
Minuten Zeit zur Verfügung hat, und jemand fragt, ob man einen
Helm trage, weiß man bereits, daß der Großteil der Zeit dafür
verschwendet wird, statt über wesentliche Themen zu sprechen."
Boardman sagte, die Fokussierung auf Helme lasse das
Fahrradfahren gefährlicher erscheinen, als es in Wirklichkeit
sei.
"Wir haben uns weit von den Tatsachen entfernt," meinte er
weiter. "Wir verbreiten Anekdoten. Das ist wie mit Haiangriffen
- es werden mehr Menschen beim Bauen von Sandburgen getötet als
durch Haiangriffe. Es ist geradezu aberwitzig, daß die
Tatsachen nicht mit den Geschichten zusammen passen, weil die
Aufmerksamkeit der Presse auf Nachrichten liegt. Die
Vorstellung, Fahrradfahren sei gefährlich, wird zur Regel, aber
es ist nicht die Regel."
"Auf tausend Erdumrundungen mit dem Fahrrad gibt es einen
Fahrradtoten. Das ist sicherer als Gartenarbeit."
Das Bild vom Fahrradfahrer
Wie viele Fahrradaktivisten möchte Boardman das Fahrradfahren
als eine normale und alltägliche Tätigkeit gesehen wissen.
"Ich habe neulich zwei Leute in meinem Ort auf dem Fahrrad
gesehen. Einer fuhr den Berg zum Bahnhof runter, er trug eine
Warnweste und einen Helm. Ein paar Minuten später fuhr ein
anderer Typ den Berg runter, er radelte in lockerer Kleidung
zum Bahnhof. Welcher von beiden macht mir Lust aufs
Fahrradfahren?"
Autor: John Stevenson
Quelle: road.cc
http://road.cc/content/news/111258-chri ... cling-safe
Edit: Weil ich in einem anderen Thread auf Propganda mit Zahlen hinwies, möchte ich den hübsch griffigen Hinweis von den "1000 Erdumrundungen" ebenso kritisieren.
Der Vergleich unterschlägt die sehr geringe Geschwindigkeit von Radlern.
Die gefahrene Distanz ist keine sinnvolle Vergleichsgröße.
Seriöse Vergleichsgröße müßte die verbrachte Zeit im öffentlichen Verkehr sein.