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Sicherheitsfaktor Helm?

Sattel, Reifen, Anhänger, Bekleidung...
TomK
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von TomK »

Uli hat geschrieben:Und ich habe Schwierigkeiten, der Auffassung zu folgen, dass der Helm ja Ohren, Hals, Nacken nicht schützt.
Die Schutzwirkung ist auf den oberen Kopfbereich begrenzt. Deshalb sind ja Motorradhelme anders konstruiert und sogen. Braincaps verboten. Unabhängig von der Stärke der Schutzwirkung ist also der geschützte Bereich und damit auch die Situation in denen die Wirkung zum tragen kommt begrenzter als beim Motorradhelm. Dies ist zu beachten wenn man die Helmpflicht der Motorräder mit der der Fahrräder vergleicht.
Uli hat geschrieben:Genauso kann ich nicht nachvollziehen, wie hier ein Zusammenhang zwischen Helmpflicht und Anzahl der Unfälle konstruiert wird. Mit einer zerstörten Ohrmuschel kann ich besser leben als mit gespaltenem Schädel. Und für mich zählt die Schwere der Verletzung.
Der Zusammenhang ist nicht konstruiert sondern er besteht nachweislich. Der Effekt wird "Safety by numbers" genannt. Je höher die Anzahl der Fahrradfahrer allgemein um so geringer ist die Unfallquote (besonders die der schweren Unfälle). Vermutlich ist sind viele Effekte dafür verantwortlich. Der Anteil der Autos ist geringer, die Anzahl der Fahrräder höher, die Situationen sind gewohnter, die allgemeine Geschwindigkeit geringer, ...

Nochmal: Eine Helmpflicht senkt die Anzahl der Fahrradfahrer drastisch (ca. 40% in Australien). Nun bleiben diese Leute ja nicht einfach zu Hause. Sie nutzen andere Verkehrsmittel - vorzugsweise Autos. Eine Helmpflicht verringert die Verkehrsanteile der Fahrradfahrer zu Gunsten der Autos.

Auch in Punkte der Schwere liefern die Zahlen aus Australien Fakten. (Ich hatte es bereits geschrieben.) Man hat dort die Unfälle untersucht. Die Helmtragequote legte stark zu. Bei einer relevanten Schutzwirkung der Helme hätte nun die Anzahl der Kopfverletzungen im Verhältnis zu den sonstigen Verletzungen abnehmen müssen. Dies ist jedoch nicht passiert.

Dies sagt nichts über die Wirksamkeit eines Helmes im Einzelfall aus. Das ist auch sehr schwer möglich. Es ist beim Fahrrad viel schwerer Unfälle nach zu stellen als bei motorisierten Fahrzeugen. Durch die niedrigeren Geschwindigkeiten kommt der Faktor Mensch stärker zum tragen. Deshalb versucht man sich dem Ansatz statistisch zu nähern.

Eine Förderungen der Fahrradhelmquote steht einer Förderung des Radverkehrsanteiles entgegen. Wir sollten nach Wegen suchen die Sicherheit von Fahrradfahrern zu erhöhen ohne ihren Anteil zu senken.
Pibach
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von Pibach »

Rone hat geschrieben:
Pibach hat geschrieben:Also laut BASt liegt die Helmquote bei Kindern bei rund 50%.
Mein Beispiel: 8 Jahre = Grundschule, zweite Klasse.
Bis zu welchem Alter sind Kinder in der Statistik Kinder? Die älteren Kiddies fahren auch hier eher ohne Helm, da bin ich schon froh, wenn wenigstens Licht am Rad dran ist (leider eher nein)...
Bis 10 Jahre. Deine Beobachtung wird sicher stimmen, die zweifle ich nicht an, war für mich nur der Anlass mal nachzuschlagen. Ich finde die Zahlen bei Kindern jendenfalls erschreckend hoch. Hab noch keine genaue Meinung dazu, ob das nun sehr schlimm ist oder nur wenig schlimm. Die bewirkte Durchdringung durch diese Helm-Propaganda lässt mich aber schon aufhorchen. Muss man Bedenken haben, dass wir uns damit eine Generation schaffen, die weniger radfährt? Wie kommt es überhaupt zu so hohen Helm-Durchdringungszahlen, wo es offenbar wiklich keine Grundlage dafür gibt, eher wird recht umfassend belegt, dass der Helm ja kaum Sicherheitswirkung hat, stattdessen aber die Träger und das Umfeld vom Radfahren abhält? Schon erstaunlich. Bin jedenfalls beruhigt, dass die Helmquote dann mit zuhnehmendem Alter stark sinkt und offenbar insgesamt auch rückläufig ist.

Ich muss auch sagen, dass ich sehr froh bin, über die Beiträge von TomK.

Warum hälst Du Dich in dieser Diskussion eigentlich so zurück? Sonst bist Du ja sehr "streitbar" ;)
Rone
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von Rone »

Das mit den 50% wird sicherlich grob stimmen. Die ganz Kleinen passen mit Helm nicht so recht in den Kindersitz, der Kopf muss den Sitz erst deutlich überragen, ehe ein Helm für das Kind halbwegs komfortabel möglich ist. Die besseren Kindersitze haben ja auch einen Seitenaufprallschutz. Wir haben zwei Kindersitze, einen preiswerten und einen besseren Römer. Bei beiden war das wie beschrieben.
Dann kommt dazu, dass ich die fast 100% von vor der Schule nehme. Das sagt natürlich nichts darüber aus, wie die Kinder in der Freizeit fahren. Wir kennen das alle, mal eben schnell das Rad gegriffen und ab vom Hof :-)
Ehrlich gesagt weiß ich auch gar nicht genau, wie die Position unserer Schule zum Helm ist, also evtl. liegt es schon daran. Das im näheren Umfeld Anforderungen existieren weiß ich von Eltern anderer Kinder ;-)

Ich halte mich zurück, weil zu diesem Thema hier und anderswo bereits alles gesagt wurde. Wie ich schrieb, gibt es zu diesem und anderen Themen bei zwei Leuten drei Meinungen. Zwei verinnerliche ich bereits für mich selber, weil ich schon einen Unterschied zwischen mir und den Kindern mache:

Ich für mich trage keinen Helm, weil ich glaube, dass er mir keinen nennenswerten Sicherheitsvorteil bringt.
Ich lasse den Kindern die Wahl, da ich mir im Schadensfall auch nichts vorwerfen (lassen) möchte. Beide Kinder haben einen Helm, beide tragen ihn auf eigenen Wunsch. Ich bettel da auch nicht hinterher. Ich habe auch schon zum Großen gesagt "Is' egal, lass los!" und es war egal und wir sind los.
Ich achte da auf andere Dinge: Der Große hat einen Nabendynamo und Beleuchtung von BUMM am Rad. Alles zusammen war teurer als das ganze Kinderrad.

Abschließend bleibt zu sagen, dass ich durchaus offen für das Thema bin und bleibe. Mir fehlen derzeit belastbare Studien, die mir sagen, dass der Helm wirklich was bringt. Ob man nun mit Helm gut aussieht oder nicht, wäre mir da egal. Nur für eine Helmpflicht könnte ich mich wohl nicht begeistern.
Uli
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von Uli »

Da sich hier die Beiträge auf zwei Threads verteilen:
Die gemeinsame “Fahrradunfallstudie Münster” der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Münster, in Kooperation mit dem Clemens Hospital, Herz-Jesus-Krankenhaus Hiltrup, Evangelischen Krankenhaus, St. Franziskus Hospital und der Raphaelsklinik sowie der Polizei der Stadt Münster und der Unfallforschung der Versicherer (UDV) kam zu dem Ergebnis, dass die meisten Radfahrer Verletzungen der oberen und unteren Extremität erleiden. Im Rahmen der Untersuchung von 2.250 untersuchten Unfällen kam es bei in 101 Fällen zu einem Schädel-Hirn-Trauma (4,5%), eine davon tödlich. Verletzungen des Kopfes (Frakturen, Weichteilverletzungen, etc.) erlitten 25,7% aller Unfallopfer. Das Verletzungsmuster war sowohl vom Unfallmechanismus als auch vom Alter abhängig. Bei Kollisionen mit Kraftfahrzeugen erlitten 13% aller verunfallten Patienten ein Schädel-Hirn-Trauma, wobei es bei Stürzen oder Kollisionen mit festen Gegenständen häufiger zu Frakturen der oberen Extremität kam. Dies kann durch den unterschiedlichen Unfallmechanismus und die unterschiedlich einwirkende Energie erklärt werden. So erscheint bei einer Kollision mit einem Kraftfahrzeug ein Sturz auf den Kopf wahrscheinlicher, während bei einem Alleinunfall der Sturz häufiger mit dem Arm abgefangen wird. Mit zunehmendem Alter änderte sich auch das Verletzungsmuster. So nahm die Häufigkeit von Frakturen der unteren Extremität zu. Ebenso beobachtet man einen Gipfel für Schädel-Hirn-Traumen und Frakturen der oberen Extremität im Alter von 20 bis 29 Jahre sowie über 70 Jahren. Das Thoraxtrauma tritt bei älteren Patienten häufiger auf als bei jüngeren Patienten.
Darin sind für mich die relevanten Gesichtspunkte enthalten. Ich halte es für gefährlich, Sinn und Unsinn von Maßnahmen mit statistischen Angaben missionarisch und polemisch zu begründen und auf grundsätzliche Forderungen zu übertragen. Wenn wir Quoten und Statistiken immer heranziehen würden, wären viele Vorschriften überflüssig.

Und juristisch falsch ist es, von Kindern bis zum 10. Lebensjahr zu sprechen. Die Definition geht bis zum vollendeten 14. Lebensjahr!

Zum Helm und dem Schutz von Ohren habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Ich halte den mangelhaften Schutz der "überstehenden" Körperteile nicht für den Grund eines Verzichtes für den obweren Teil des Kopfesd. Ebenso sind für mich Motorradhelme und Fahhradhelme nicht vergleichbar. Ich empfehle in diesem Zusammenhang einen Blick auf die Diskussionen zu Integralhelmen und Jethelmen. Beide entsprechen den Vorschriften und haben eine nicht vergleichbare Schutzfunktion.
Pibach
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von Pibach »

Uli hat geschrieben: Darin sind für mich die relevanten Gesichtspunkte enthalten.
Dann ließ doch auch mal bitte die anderen Links.
Dass es etliche Schädelverletzungen gibt, bezweifelt niemand, bisher konnte aber kein wirksamer Schutz durch die Fahrradhelme dagegen belegt werden, erstaunlicher Weise ist es manchmal sogar andersrum.
Das wurde inzwischen recht umfangreich untersucht und ist, soweit ich das überblicke, nicht mehr strittig.
Wobei all diese direkten Einflüsse des Helmtragens auf die Sicherheit im Vergleich zu den indirekten gar nicht maßgeblich sind, sondern der von TomK sehr gut beschriebene Effekt der "Safety by numbers".
Ich halte es für gefährlich, Sinn und Unsinn von Maßnahmen mit statistischen Angaben missionarisch und polemisch zu begründen und auf grundsätzliche Forderungen zu übertragen.
Und ich halte es für gefährlich, Maßnahmen zu stützen, ohne stichhaltige Begründung und sogar wider offensichtliche Fakten und entgegen erhebliche, negative Begleiterscheinungen.

Die Statistiken sind dabei nur ein Hilfmittel, um vorherige Analysen zu bestätigen oder zu widerlegen. Natürlich nicht unfehlbar. Und immer mit Vorsicht zu genießen. Aber es gibt dazu ja keine andere, bessere Methode.
Wenn wir Quoten und Statistiken immer heranziehen würden, wären viele Vorschriften überflüssig.
Das sind sie auch und ich freue mich, dass wir hier offenbar der selben Meinung sind ;)
TomK
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von TomK »

Uli hat geschrieben:Ich halte es für gefährlich, Sinn und Unsinn von Maßnahmen mit statistischen Angaben missionarisch und polemisch zu begründen und auf grundsätzliche Forderungen zu übertragen.
Ich argumentiere also "missionarisch und polemisch"? Überdenkst du bitte diesen Vorwurf noch einmal.

Der Punkt ist das es nur mit statischen Maßnahmen möglich ist, festzustellen ob allgemein (nicht im Einzelfall sondern in der Gesamtheit) eine Schutzwirkung vorliegt. Es gibt keine ausreichende Anzahl realistischer Crash-Tests (welche den Einzelfall beurteilen könnten). Die Reaktion des Fahrzeugführers spielt eine deutlich höhere Rolle spielt als beispielsweise beim Auto aber auch beim Motorrad. In der von die angebenen Studie zeigt sich dies u.a. an den Altersgruppen. Eventuell könnten Computersimulationen hier helfen, aber bisher gibt es sie nicht. Ich würde mich freuen, wenn solche Modelle entwickelt und geprüft werden würden.
Uli hat geschrieben:Wenn wir Quoten und Statistiken immer heranziehen würden, wären viele Vorschriften überflüssig.
Bei jeder Maßnahme und Vorschrift sollte auch geprüft werden ob sie den beabsichtigten Effekt erzielt. Tut sie dies nicht ist sie überflüssig. Hat sie eventuell sogar gegenteilige Effekte sollte sie schleunigst geändert oder abgeschafft werden.

Der Vorteil einer statistischen Prüfung ist nun, dass man den Effekt auch beobachten kann, wenn er durch unerwartete und unbekannte Ursachen entsteht.
Uli hat geschrieben:Zum Helm und dem Schutz von Ohren habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Ich halte den mangelhaften Schutz der "überstehenden" Körperteile nicht für den Grund eines Verzichtes für den obweren Teil des Kopfesd. Ebenso sind für mich Motorradhelme und Fahhradhelme nicht vergleichbar. Ich empfehle in diesem Zusammenhang einen Blick auf die Diskussionen zu Integralhelmen und Jethelmen. Beide entsprechen den Vorschriften und haben eine nicht vergleichbare Schutzfunktion.
Sorry, es wird nur gerne mit der Helmpflicht für motorisierte Zweiräder argumentiert. Ich wollte gerade das Problem mit diesem Vergleich aufzeigen, wenn man sich nur auf die Schutzwirkung bezieht.

Natürlich ist eine begrenzte Schutzwirkung allein kein Argument dafür auf sie zu verzichten. Die Frage ist ob die Vorteile der Schutzwirkung größer sind als die Nachteiligen Effekte. Die unterschiedlichen Bauweisen der Fahrradhelme selbst stellen schon eine Abwägung zwischen diesen beiden Punkten dar. Meist wägen sie Schutz gegen Wärmeabfuhr und Komfort ab.
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Re: Sicherheitsfaktor Helm?

Beitrag von Muc-Falter »

Ich mache jetzt hier mal das Thema zu.
Bitte diskutiert im anderen Thread weiter, zwei Fäden mit dem gleichen Thema verwirrt nur und fördert nicht gerade die Übersichtlichkeit.

Hier geht es weiter : http://faltradforum.de/viewtopic.php?f= ... 607#p12607

LG
Michael
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