Pibach hat geschrieben:
Taxis sind ja eben nicht so effizient
Könntest Du das bitte detaillierter ausführen?
Pibach hat geschrieben:und die Provision ist höher
Uber nimmt 20% vom Umsatz, teilweise auch schon 25% (in den USA).
Beim Taxi kostet Winken am Strassenrand den Fahrer gar nichts. Taxistand kostet den Fahrer gar nichts. Mitgliedschaft in einer Funkzentrale kostet hier in Berlin flat 110 Euro/Monat (
http://www.wuerfelfunk.de/pricing-boxes/). My Taxi kostete früher 79ct / Fahrt, jetzt 7% (
https://de.mytaxi.com/taxifahrer.html).
Völlig eindeutig, dass die Provision beim Taxi höher ist als bei Uber...
Die durchschnittliche Taxi-Fahrt in Berlin bringt btw. ca. 12 Euro Umsatz. Wenn Du als ein Taxi als Alleinfahrer willst hast Du bei den meisten Taxiunternehmen mW einen Mindestumsatz von 4.000 - 4.500 Euro pro Monat, den Du einfahren musst - das ist also das, was eine Taxe bringen muss, damit sich das "lohnt". Bei rund 50% Leerkilometern und bisher rund gut 40% Lohnanteil für den Fahrer (die heute ungefähr als Festgehalt gezahlt werden auf Mindestlohnniveau) bleiben in dem Fall also ca. 2.100 - 2.300 Euro für alles ausser dem Fahrer. Den Stress machen sich und den Umsatz schaffen nur die wenigsten Fahrer, deswegen laufen die meisten Taxen im Zweischichtbetrieb - womit aber natürlich wegen der höheren Personalkosten und der höheren Kilometer auch der Umsatz steigen muss. Wir reden hier bei Mindestlohnniveau von Lohnkosten von
2 Fahrer * 8,50 Euro * 40 Stunden/Woche * 52 Wochen * 1,3 (Lohnnebenkosten) / 12 Monate = 3.830 Euro Lohnkosten im Monat (incl. Kosten für Urlaub, Krankheit etc.).
Wenn die mit 45% des Umsatzes reingeholt werden sollen brauche ich 8511 Euro Umsatz pro Monat. Bei der Faustregel, dass pro
gefahrenem Kilometer ein Fahrer einen Euro minimum Umsatz als Richtwert bringen sollte damit das wirtschaftlich funktioniert (und dieses Miniumum in der Praxis nicht oft übererfüllt wird) käme man auf eine Kilometerleistung von knapp 100.000 km pro Jahr für ein Taxi.
Eine kurze Recherche zeigt: Das kommt ungefähr hin. Ein Taxi fährt in Berlin grob zwischen 80.000 und 100.000 km im Jahr (
http://www.taxiforum.de/forum/viewtopic.php?t=5935) im Zweischichtbetrieb. Pro Euro Umsatz gehen davon 55 ct ans Taxiunternehmen, 45 ct davon an den Fahrer (altes Provisionsmodell vor Mindestlohn 2015 - die Kostenstruktur wird grob ähnlich geblieben sein). Bei einer halbwegs neuen Mercedes-E-Klasse kann man vermutlich von Kosten von minimum 40 ct je Kilometer für den Daimler ausgehen. Bleiben also ca. 15 ct / Kilometer
für alles ausser dem Auto und dem Fahrer. Also für die Taxiausstattung, das Backoffice, die Räumlichkeiten, den Unternehmer, die Vermittlung, Werbung, Konzession, Kosten für Kartenzahlung etc. etc. Beim Alleinfahrer aus obigem Beispiel wären das rund 1000 Euro im Monat, beim Doppelschichtmodell 1275 Euro im Monat. Wenn die Taxe nicht mal defekt- oder unfallbedingt ausfällt.
Wenn Du in einem Modell wie Uber 25% für die Vermittlung bezahlst gehen davon davon noch 4500 * 0,25 = 1125 Euro ab beim Einfahrermodell. Da ist das Taxi also schon im Verlustbereich, ohne dass überhaupt ein Kostendeckungsbeitrag erwirtschaftet wurde für die indirekten Kosten oder gar ein Unternehmergewinn... Beim Doppelschichtmodell habe ich 8511 * 0,25 = 2.127 Euro - da bin ich schon mit den direkten Kosten knietief in der Verlustzone ohne einen ct Kostendeckungsbeitrag für die Gemeinkosten. Obwohl die Fahrer jeweils nur den gesetzlichen Mindestlohn verdienen.
Bei 110 Euro flat pro Monat für die Funkzentrale sieht die Sache dezent anders aus...
Oder anders gesagt:
Uber nimmt für dieselbe Dienstleistung wie eine Funkzentrale 20 mal so viel Geld wie diese. Obwohl die Vermittlung bei Uber automatisiert abläuft, die Personalkosten also minimal sind bei gleichzeitig annähernd unendlicher Skalierbarkeit ohne nennenswert steigende Kosten. Und sie nehmen immer noch 3 - 4 mal so viel wie Mytaxi - die im Prinzip das gleiche anbieten. Was die Dienste der Taxigesellsschaften wie z.B. taxi.eu kosten weiss ich nicht. Aber eins ist klar: Uber will ein sehr viel fetteres Stück vom Kuchen als alle anderen und dabei noch die Spielregeln diktieren.
Jetzt überleg mal kurz, wie Du das fändest, wenn Du für Dein Handy oder Deinen Internetanschluss oder gar Deine Wohnung oder die BVG-Karte (also für eines Deiner Grundbedürfnisse) auf einmal 20 mal so viel zahlen solltest wie bisher. Ohne, dass für Dich dabei irgendein Vorteil rausspringen würde. Und das mit dem Faktor 20 absehbar erst der Anfang ist. Und derjenige, der Dir das anbietet, Dich gleichzeitig beschimpft als ineffizienten Trottel, der wie die Made im Speck lebt.
Die obige Rechnung krankt natürlich daran, dass die km-Kosten für den hyothetischen Daimler eine grobe Schätzung sind mit beliebiger Danebenhauquote* und auch daran, dass ich die Umsatzsteuer nicht berücksichtigt habe: 19% des Umsatzes gehen als Steuer an den Staat, die Nettoumsätze sind also geringer. Auf der Kostenseite bleiben die Lohnkosten umsatzsteuerfrei, die meisten anderen Kosten haben aber ihrerseits wieder 19%, die sich der Unternehmer vom Staat wiederholen kann. War mir für einen Sonntagnachmittag zu mühsam auszurechnen - es ging ja auch nur um die Tendenz.
Unterm Strich zeigt sich: Beim Taxifahren wird heutzutage niemand reich. Für Details: Letzter Beitrag in diesem Thread:
http://www.taxiforum.de/forum/viewtopic ... 5&start=30
Eine mit Personal gut ausgelastete Taxi mit steuerehrlich beschäftigten Fahrern bringt ca. 5% Marge. Will sagen, von 10.000 € Umsatz im Monat bleiben nach Abzug von Fixkosten, variablen Kosten, Sozialkosten und Steuern 500 € netto übrig.
Ob das in einem Verhältnis zum finanziellen und verwaltungstechnischen Aufwand steht muss jeder selber beantworten. (...) Dazu gehört ein motiviertes Team, eine Vermittlung, die viele Touren ausspuckt und keine Unfälle oder längeren Krankheiten.
Die Preise mögen hoch erscheinen (und das sind sie auch) - aber eben auch, weil die Kosten hoch sind. Bei 20 - 25% Provision machen die Taxiunternehmen operativ Verluste, das kann sich nur ein Alleinunternehmer ohne Büro, der selber fährt, überhaupt leisten - bei maximaler Selbstausbeutung. Selbständig zu einem Verdienst unterhalb des Mindestlohns... In jedem Fall verdient selbst in diesem Fall Uber für die Vermittlung mehr als der Fahrer, der das volle Riskiko trägt und alle Kosten, für die Arbeit.
Wenn nun der Umsatz je Kilometer deutlich niedriger ausfällt - wie es bei Uber-Pop ja in drastischem Ausmass der Fall war - wird es völlig absurd: Unter 25 ct je km kannst Du beim besten Willen noch nicht mal die übelste Schrottschüssel ohne jede Wartung betreiben - das geht schlicht nicht. Bei Uber Pop machte der Fahrer also zuletzt
in jedem Fall operativ Verlust, ganz ohne kalkulatorische Lohnkosten für sich selbst und ohne Leerfahrten.
Wenn Du es nicht schaffst die Leerfahrtenquote drastisch zu senken und damit den Umsatz je Kilometer drastisch zu erhöhen ändert sich das auch nur graduell - Selbstausbeutung zum Hungerlohn mit maximalem Risiko bleibt es auf jeden Fall. Allerdings müsstest Du bei Uber-Pop die Leerfahrquote auf 0% senken und es würde immer noch nicht funktionieren in Deutschland...
*Der Adac gibt für einen E220D Automatik mit einem Neupreis von 46.000 Euro einen Kilometerpreis von 86 ct an - allerdings bei 15.000 km /Jahr und einer Haltedauer von drei Jahren. Beides trifft auf Taxen nicht zu, sie sind zudem meist recht gut ausgestattet, werden dafür aber auch mit erheblichen Rabatten von den Herstellern abgegeben. Die Kilometerkosten von 40ct sind also nur sehr grob geschätzt - sehr viel niedriger sind sie zumindest bei halbwegs neuen Autos wohl ziemlich sicher nicht, vielleicht aber deutlich höher. Bei Gesprächen mit Taxiunternehmern kommt btw. immer wieder raus, dass z.B. die Toyota Prius verdammt gute und problemlose Taxen sind und deutlich billiger je km als die Daimer, auch aufgrund weniger Repararturen.
Edit: Zu den Fahrzeugkosten je km beim Taxi gibt es hier ein bisschen was:
http://www.taxiforum.de/forum/viewtopic ... 839f219e8e
Pibach hat geschrieben: und die Qualität schlechter.
Jetzt wo Du's sagst fällt es mir wie Schuppen von den Augen. Deswegen beschweren sich die Kunden ja auch gar niemals nicht über Uber und die Fahrer auch nicht.

Geht es vielleicht ein wenig weniger pauschal und detaillierter?
Pibach hat geschrieben: Das sind ja die Ursachen für den Erfolg von Uber.
Welchen Erfolg? Dass sie hierzulande verboten wurden mit UberPop? Wie Udo schon schrieb: Du kannst Die USA (und andere Länder) hier nicht mit Deutschland vergleichen. Wir haben in Deutschland ein Taxisystem, das (typisch deutsch

) nicht nur reguliert sondern auch bestens organisiert ist. Und bei aller Luft nach oben auch durchaus qualitativ hochwertig im internationalen Vergleich - eben genau durch die Regulierung, die qualitativ minderwertige Discountangebote verhindert.
Pibach hat geschrieben: Ließ am besten mal was dazu.
Nö lass mal. Ich lese doch nicht. Ich mach es lieber wie Du und erfinde die Argumente so, wie sie mir gerade in den Kram passen.