Läßt man die notorischen Flachland-Tyroler (= ich fahr keine Steigungen und Gegenwind gibts nur im beruflichen Alltag) mal außen vor, sollte man bei größeren Touren darauf achten, ein Radl zu haben, bei dem die Entfaltung stimmt (Für den nicht so tief mit dem Thema Vertrauten : Entfaltung = Ablauflänge eines Laufrades bei einer Kurbelumdrehung. Banal ausgedrückt: Je größer die Entfaltung (jaja in "Meter" gemessen und nicht als "beer-zinken"
).
Da haben viele Hersteller schon bei nicht elektrifizierten Falträdern ihre Schwierigkeiten, besonders der Fernasier mit seinem kindischen Spieltrieb !
Dabei ist es im Grunde ganz einfach: Je kleiner die Laufradgröße, desto größer muß die Kettentriebübersetzung sein (d.h. ein großes Kettenblatt ( > 60-er Zähne ?) vorn, was aber teuer und meist auch kaum zu kaufen ist).
Richtwerte für die Entfaltung (Bei den Gängen sind immer effektive Gänge adressiert (also keine Überschneidungen !)) sind:
1) 3-Gang Getriebenaben: Emin = 3,33 [m], Emax = 6,19 [m] ==> für flache Städte wie Berlin, Hamburg .....
2) 8- bis 11-Gang-Schaltung (Kette oder Getriebe) Emin = 2,00 [m], Emax = 8,18 [m] für hügeliges Gelände (bis 13 % Steigung ?). Die 8-Gang-Schaltung hat da Emin = 2,40 [m], Emax = 7,34 [m].
3) 3x8- bis 3x11-Gang-Schaltung Kette oder Getriebe (14 Gang oder Kombischaltung) Emin = 1,50 [m], Emax = 9,12 [m] für gebirgiges Gelände (bis 20 % Steigung ?). Die 14 Gang-Getriebenabe hat da Emin = 1,60 [m], Emax = 8,42 [m], das ist schon etwas schlapp.
Zur Orientierung:
Ein Rennradler mit 2-fach Kompakt-Übersetzung (11-26, 50-34) hat : Emin = 2,80 [m], Emax = 9,73 [m];
Ein Mtb-ler (mit lange Zeit, 2000 bis 2010, üblichen 3x9 (22-32-44, 11-34)) hat : Emin = 1,35 [m], Emax = 8,34 [m].
Eine einfache Regel besagt: Bei kleinerer Entfaltung werden größere Steigungen befahren und korresspondierend auch größere Gefälle. Nicht unberücksichtigt lassen sollte man, daß jeder Radler auch die Trittfrequenz variieren kann und in der Praxis variiert. Bei Hobby-Radlern zB von 60 [1/Min] bis 100 [1/Min].
Zusammen mit der Entfaltung definiert die Trittfrequenz eine Geschwindigkeit, die eine Leistungs-Anforderung für den Radler vorgibt. Wenn ein Radler diese Leistung nicht aufbringen und keine kleinere Entfaltung mehr schalten kann, sackt die Trittfrequenz automatisch ab. Irgendwann ist ein flüssiger Tritt nicht mehr möglich (unter 50 [1/Min] ?). Meine normale Trittfrequenz liegt zwischen 75 [1/Min] und 80 [1/Min] in ebenem Gelände und 60 [1/Min] bei starken Steigungen (über 13%) , im Gefälle sind es 100 [1/Min] , extremal sogar über 110 [1/Min].
Rechnet man das in Geschwindigkeiten (Emin = 1,50 [m], Emax = 9,12 [m]) um, so ergibt sich ein Bereich von 5,4 [km/h] bis 55 [km/h] bei Trittfrequenzen Kmin = 60 [1/Min] bis Kmax = 100 [1/Min].
Wer weniger Entfaltungsumfang am Radl besitzt, muß bei der Übersetzungs-Auswahl die Entscheidung, Bergauffahren (Überhaupt können) oder Bergabfahren ( = Mittreten) treffen. Sinnvoll für die meisten Radler ist dann den Fokus aufs Bergauffahren zu legen (Runter rollen sie immer
, bei ca 7% Gefälle etwa 45 [km/h] !).
Was ändert sich bei Elektro-Unterstützung ? Von der Analyse eigentlich gar nichts.
In der praktischen Ausführung aber eine ganze Menge !
Den Unterschied macht die Geschwindigkeits-Unterstützung aus. Mit einem E-Bike (Bis 45 [km/h] ) gelten die angeführten Überlegungen 1:1. Also "Gutes E-Bike = Gutes Radl plus Elektro-Motor". Dann gibt es durch den Zuwachs an Leistung auch auf allen Strecken eine größere Schnittgeschwindigkeit. Wie das in der Realtität aussieht ? Keine Ahnung, ein E-Bike bin ich noch nicht gefahren.
Dafür bin ich ein Pedelec über 85 [km] von der Fa.Flyer mit Panasonic-Mittelmotor (Nexus 8-Gang-Nabe) in praktisch ebenem Gelände gefahren. Die Bilanz war ernüchternd, denn die Durchschnitts-Geschwindigkeit war geringer als wenn ich ohne Elektro-Schub gefahren wäre. Dafür sind zwei Ursachen maßgebend: Nummer 1 ist die Tatsache, daß die Übersetzung der Nexus auf eine maximale Geschwindigkeit von 33 [km/h] ausgelegt war (Auch in der Ebene gibt es sanfte Steigungen um 7%, die der Flyer (Unterstützungsstufe 2) zwar mit mehr als 20 [km/h] bewältigte und damit etwas schneller war als ohne Unterstützung, das zugehörige Gefälle wurde nur mit 33 [km/h] gefahren, während ich normal da mit > 40 [km/h] runterfahre. Nummer 2 ist die Tatsache, daß nach 52 [km] die Lade-Kapazitäts-Anzeige das nahe Ende anzeigte, und ich bei 55 [km] die Unterstützung abgeschaltet habe: Tiefentladung ist für einen Akku sicher keine gute Übung ! Ob der Akku eine automatische Abschaltung hatte, wußte ich nicht (ich war zu faul, um voher seitenlang eine Anleitung zu lesen
). Die letzten 30 [km] fuhr ich ohne Unterstützung ein schweres und zähgängiges Rad.
Fazit: Der Flyer hatte 3 Unterstützungsstufen: Die erste kompensiert gerade mal das schwere und schlechte Fahrrad (Man zahlte dafür aber ca 2500 [€]). Die zweite Stufe war halbwegs akzeptabel bei begrenzter Reichweite (55 [km]). Die dritte Stufe habe ich nicht probiert.
Für mich käme nur ein E-Bike in Frage, um bei erhöhter Schnittgeschwindigkeit entferntere Ziele in Angriff zu nehmen. Ein Pedelec wäre für mein normales Fahren (der Fitness halber ca 2x /Woche 60 [km] mit einigen Ausreißern von 100 [km] und mehr im Jahr) eher kontraproduktiv.
Im Übrigen betrachte ich die immer weitere Verbreitung von Pedelec ziemlich kritisch: Muß denn zB ein junger Mann von 20 Jahren unbedingt ein Pedelec fahren ? Das fällt mir zunehmend häufiger auf.
Und dann diese Pseudo-Umweltfreundlichkeit, die sich die Besitzer einreden. Ein Lithium-Akku ist nicht umweltfreundlich. Und der notwendige Ersatz nach 3 Jahren schon mal gar nicht.
Es gibt viele Gründe für ein Pedelec und nur ganz wenige dagegen. So ist das Leben !
Und eine Ideologie aus einer kritischen Haltung zu machen, ist nicht mein Ding und führt zu nichts.
MfG EmilEmil