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Radfahren in Berlin

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berlinonaut
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von berlinonaut »

Übrigens, wo wir gerade von Kreuzberg reden:
Die Bezirksverordnetenversammlung beschließt:

Das Bezirksamt wird beauftragt, sich zukünftig in seinem Verwaltungshandeln an folgende Leitlinien zu halten:

1. Sichere Spuren für Räder: Auf allen Hauptstraßen (übergeordneter Verkehr) sind Radstreifen einzurichten.

2. Entschleunigung: Dort wo PKWs und Räder die Straßen ohne räumliche Trennung gemeinsam nutzen, muss der motorisierte Verkehr zugunsten des Radverkehrs langsamer (z. B.: durch Fahrradstraßen) werden - und damit leiser, weniger gefährlich und unattraktiver.

3. Vorfahrt für Fahrräder: Fahrradstraßen haben vor anderen Nebenstraßen Vorfahrt.

4. Freiräume schaffen: Wir wollen den Flächenverbrauch des motorisierten Individualverkehrs zugunsten umweltverträglicher Verkehrsträger verlagern.

5. Wege attraktiver machen: Straßen mit Kopfsteinpflaster sind nach Bauarbeiten mit Radstreifen auszustatten, die eine glatte Oberfläche haben<.

6. Benachteiligung beseitigen: Damit Radfahrerinnen und Radfahrer beim Linksabbiegen nicht benachteiligt werden und im Gegensatz zu allen anderen Fahrzeugen nicht zwei Ampelphasen brauchen, werden Wegführungen und Ampelschaltungen entsprechend eingerichtet. (Beispiel: Alexanderplatz: Karl-Liebknechtstraße links in die Alexanderstraße)

7. Gleiches Recht für alle: Bei Baustellen wird der Radverkehr obligatorisch mit eigenen Spuren auf der Straße umgeleitet - genau so wie der Autoverkehr. Ausgeschlossen sind Umleitungen über Gehwege. (Negativbeispiel: Köpenicker Straße beim Umbau auf der Oberbaumbrücke)

8. Nicht mal vorübergehend: Radstreifen und -wege werden nicht ohne qualitativ gleichwertigen Ersatz dem motorisieren Verkehr übertragen - auch nicht bei kurzfristigen Baustellen. (Negativbeispiel: Köpenicker Straße beim Umbau auf der Oberbaumbrücke)

9. Überholen ermöglichen: Radstreifen und Radwege werden so breit angelegt, dass Räder einander ohne Probleme überholen können - auch wenn sie beispielsweise einen breiteren Kinderanhänger haben.

10. Unfallschwerpunkte abbauen: Die Kreuzungen, bei denen der Radverkehr häufig in Unfälle verwickelt ist, werden mit Priorität umgebaut.

11. Nicht aufs Glatteis schicken: Alle Radwege und -streifen werden im Winter von Schnee und Eis geräumt.

12. Risiko bei Schienen entschärfen: Auf Straßen mit Bahnverkehr werden die Fahrradstreifen deutlich sichtbar in die Mitte der Schienen verlegt.

13. Freie Fahrt auf Radstreifen: Das Ordnungsamt geht aktiv gegen Fahrzeuge vor, die in der zweiten Reihe und auf Fahrradstreifen parken.

14. Schutzraum schützen: Wo immer möglich sind Radstreifen durch durchgezogene Linien (statt nur durch gestrichelte) zu schützen. Dort wo Radstreifen häufig zugeparkt werden (könnten), sind sie baulich zu schützen, z.B.: durch Poller, Bordsteine oder ähnliches.

15. Parkplätze schaffen: Der Bezirk richtet immer dort, wo Bedarf besteht, sichere Fahrradabstellplätze in Form von so genannten Kreuzberger Bügeln oder Grünen Radparkplätzen ein.

16. Fußwege freihalten: Haben Gehwege eine Tiefe von weniger als zwei Metern, werden Radparkplätze nach Möglichkeit auf der Straße angelegt.

17. Breite Bikes berücksichtigen: Hindernisse zur Verkehrsberuhigung sind so anzulegen, dass Lastenräder mit drei Rädern oder Fahrräder mit Kinderanhängern nicht behindert werden.

18. Unnötige Sperrungen vermeiden: Wird der Belag neben Radstreifen und -wegen aufgerissen, muss der Aushub auch neben der Fahrradstrecke gelagert werden.

19. Baustellen für Fortschritt nutzen: Bei Baumaßnahmen z.B. durch BVG oder Wasserbetriebe wird die Verkehrsinfrastruktur mindestens zugunsten des Radverkehrs verbessert; der alte Status Quo wird nicht wieder hergestellt.

Dem Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Verkehr und Immobilien ist im März 2013 zu berichten.
Quelle: http://www.berlin.de/ba-friedrichshain- ... &options=4


Das war im Oktober 2012. Passiert ist seitdem: (Fast) nix.*

Punkt 9. z.B. deutet btw. ja bereits in Richtung deutlich breiterer Radstreifen als bisher üblich, vor allem unter Berücksichtigung der vorgesehenen Überholabstände. Also theoretisch - in der Praxis ist davon wie gesagt nix zu bemerken...

* fast nix: passiert ist ausser dem bereits hier im Thread thematisierten Umbau des Moritzplatzes der Umbau der Warschauer Strasse - das war auch bitter nötig, zum Radfahren war das ein ziemlicher Horror:
Natürlich hat der Bezirk die Neugestaltung nicht aus Bosheit beschlossen. Auf der Warschauer Straße kommen sich Autos, Radler und Fußgänger oft ins Gehege. In drei Jahren gab es 500 Unfälle mit 92 Verletzten. Dass es teilweise gar keine Radwege gab, versetzte viele Radler in Angst.

Am 1. September startet der Radikal-Umbau der Straße (2,3 Mio. Euro), über die täglich 40.000 Autos rollen. (...) Trotzdem fallen auf dem betroffenen Stück zwischen Frankfurter Tor und Marchlewskistraße 120 von 140 Parkplätzen weg.
Besonders hart trifft es die Fahrtrichtung zur Warschauer Brücke. Auf zwei je drei Meter breite Spuren für Auto- und Busverkehr kommen ein Rad-Streifen (2 Meter) und ein Gehweg (6 Meter).
Quelle: http://www.berliner-kurier.de/berlin/wa ... eu-1435012

Los ging es mit dem Umbau im September 2015 - beschlossen wurde das aber schon fünf Jahre vorher, nämlich 2010, also Jahre vor dem obigen Beschluss der Bezirksversammlung: http://www.morgenpost.de/berlin/article ... plant.html

Details zum Umbau gibt es hier: http://www.umbau-warschauer-strasse.de/

Abgesehen davon merkt man von der Handlungsanweisung für die Verwaltung nichts und schon gar nicht, dass sich irgendwer um zweite-Reihe- oder Radwegparker kümmern würde. Wer je in Berlin war kann über die berlinweit (!) 10.396 Strafzettel 2014 [1] wegen Parkens in zweiten Reihe oder in Ladezonen, auf Rad- und Busspuren nur lachen. Ohne sich übertrieben anzustrengen könnte man die vermutlich in wenigen Tagen allein in Kreuzberg verteilen...

[1] http://www.tagesspiegel.de/berlin/parks ... 46162.html
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Berlin-Leipzig Radweg ist das Teilstück Monumentenstr-Südkreuz die Tage eröffnet worden, es geht da also in kleinen Etappen voran.

Für mich super, so komme ich prima mit Skates zum Bahnhof.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

"Angst-Kreuzungen" in Berlin: Was bisher getan wurde, Berliner Morgenpost, 29.02.2016, Link

Bild
Pibach
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

http://www.spiegel.de/video/radfahren-p ... 87197.html

Radfahren im Berufsverkehr: Der tägliche Straßenkampf

SPIEGEL ONLINE
05.07.2016 - Schnell weiterfahren oder bremsen? Verkehrsregeln brechen oder einhalten? Radfahrer kennen das Dilemma. Sandra Sperber hat ihren Weg zur Arbeit gefilmt und mit Berlins oberstem Verkehrspolizisten Knöllchen gezählt.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Motte »

Das alte - ewige - Spiel aller Verkehrsteilnehmer. Regelungen fordern, aber selbst keine einhalten. Und ein (weiterer) Polizist, der stolz seine rudimentäre Regelkenntnisse präsentiert.

Vom menschlichen her gesehen ....wenn Ihr auf dem Gehweg an der Baustelle mit dem Gerüst (und dem sinnlosen Zusatzzeichen "Radfahrer absteigen") der kleine Fritz von der Haustüre aus ins Rad läuft, dann macht sie da in dem Engpass gar nix mehr - und fährt ihn um. Wer mit dem Rad an so einer Stelle durchfährt, der ist nicht "hipp", sondern extrem rücksichtslos.

Ich glaube so ein Video könnten alle Großstädter auf ihrem Arbeitsweg drehen - vom Auto aus, vom Rad oder zu Fuß. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es 1902 so viel anders war - da waren es dann halt Radler, Kutschen, Reiter, Autos Straßenbahnen und Handkarren. Und sehr viel mehr Dreck auf schlechten Straßen mit Kopfsteinpflaster. Aus dieser Gemengelage kam ja der Wunsch nach Regeln.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Motte hat geschrieben:Das alte - ewige - Spiel aller Verkehrsteilnehmer. Regelungen fordern, aber selbst keine einhalten.
?
Radfahrer "fordern" gewisse Berücksichtung durch entsprechende Infrastruktur.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Motte »

Radfahrer "fordern" gewisse Berücksichtung durch entsprechende Infrastruktur.
In dem Punkt sind wir uns ja vermutlich ja auch alle einig. Nur wenn sie (noch) fehlt, berechtigt das ja nicht dazu den "Stress" dann noch Schwächere ausbaden zu lassen. Sonst parkt Dir der Lieferwagenfahrer die Rad - Infrastruktur wieder zu, mit dem Argument es fehle hier an seinem Ziel halt eine schicke Anlieferzone - deshalb dürfe er das jetzt.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Die fehlende Infrastruktur verursacht aber eine Art "chaotischen Raum", in dem Regelungen nicht so relevant sind bzw. gar nicht funktionieren. Das sehe ich eher positiv. Ein "Wunsch nach Regel" kommt da bei Radfahrer sicher nicht auf. Ein Problem entsteht imho in dem Moment, wo die Polizei dann eingreift und Regeln an Radfahrern durchsetzen will. Wesentlicher Grund, warum in Berlin so viele Radfahrer fahren, trotz der schlechten Infrastruktur, ist ja dass hier die Polizei zumeist recht entspannt ist und genug anderes zu tun hat.

Deine Ideen und Art der Wortwahl mit "Wunsch" bzw "fordern" von Regeln und hochstilisieren selbiger sowie die Angst vor dem unsoziales Durchsetzen von Ansprüchen ("berechtigt" usw) oder sonstiger Anarchie finde ich da immer sehr irritierend. Das trifft es imho einfach nicht.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Motte »

Die fehlende Infrastruktur verursacht aber eine Art "chaotischen Raum", in dem Regelungen nicht so relevant sind
Das ist deine ureigene Wahrnehmung und Interpretation von Recht. Die ich, da hast Du recht, absolut nicht teile. Wenn Du es schon irritierend findest, dass ich Rücksichtnahme (von Fahrradfahrern gegenüber Fußgängern) einfordere, dann agieren wir schlicht nicht auf der gleichen Wellenlänge.

Wenn sich alle an geltendes Recht halten würden, kämen übrigens in dem Film alle sehr entspannt ans Ziel. Dann stünde keine Baustelle ohne Vorwarnung auf dem Radweg. Es gäbe überhaupt keine unstetige Wegeführung und Falschparker. Und ein Autofahrer würde einen Radafahrer an der Baustelle genau so einfädeln lassen, wie andere Autofahrer auch. Die Fußgänger müssten dann auch nicht in der Angst leben, dass ihnen jederzeit auf dem Gehweg ein übrforderter Radfahrer in die Hacken kracht. Die Polizei würde dann auch nicht einseitig auf Radfahrer einwirken können.

Das durchzusetzen (und die Radinfrastruktur zu schaffen) finde ich viel wichtiger als ständig Sonderrechte der "Verfolgten" einzufordern. Das macht die Argumentation übrigens auch politisch so leicht angreifbar.
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Re: Radfahren in Berlin

Beitrag von Pibach »

Motte hat geschrieben: Das durchzusetzen (und die Radinfrastruktur zu schaffen) finde ich viel wichtiger als ständig Sonderrechte der "Verfolgten" einzufordern. Das macht die Argumentation übrigens auch politisch so leicht angreifbar.
Sonderrechte haben wir derzeit für Autos. Verfolgt fühle ich mich als Radfahrer auch nicht.

Eine "strikte Durchsetzung" ist in Berlin auch nicht zu erwarten (und das ist auch gut so).
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