Updates| Bilder|Videos |Shop

Reload nach langer Pause. Sorry dafür.

Kriterien der Faltradwahl

Faltrad-Entscheidungshilfe für Unentschlossene.
Antworten
EvaMaria
Beiträge: 21
Registriert: Sa Sep 13, 2014 12:15 pm
Faltrad 1: Klappi
Geschlecht: w
Status: FALTradfahrer
Wohnort: München

Kriterien der Faltradwahl

Beitrag von EvaMaria »

Anders als die Gattenwahl, wo man nimmt, was man kriegen kann,
findet der Geneigte auf dem Mobilitätssektor einen Markt und
darin eine Auswahl schier unerschöpflicher Vehikel,
dass man gar nicht mehr mutmaßen muss,
das technische Objekt sei Surrogat desolater menschlicher Beziehungen:
Das ist so.

Ach könnte man den Liebsten doch stellschrauben wie Gewindebolzen,
ach fügte er sich doch wie variable Lenkerhöhen
und wechselte seine Socken wie Pedale, Gabelschäfte und Schaltungen:
Jedes Jahr immer den neuesten Stand!

Aber er bockt,
also wendet man sich dem Fahrrad zu,
zudem im Vorteil, dass man sich neben dem Hauptrad mehrere Nebenräder zulegen kann
und zuletzt ein Faltrad,
so verschwiegen im Kleiderschrank zu verstecken,
dass der Angetraute lange darüber hinwegzutäuschen ist.
Es lebe die Technik!

Aber welche?
Bei näherer Beschau reduziert sich der Bestand an brauchbaren Optionen,
obwohl umgürtet von tausendfacher Ausstattungsvariabilität,
auf zwei, drei Flitzer,
auf das Brompton, das Birdy und auf irgendeinen Dahon-/Tern-Verschnitt
und letztlich auf deren Kriterien zwei:
Fahren oder Verpacken.

Ich persönlich bin noch in der Entscheidungsphase,
dem lustvollsten Zeitabschnitt vor Kauf,
den ich bis zum letzten gedenke hinauszuzögern,
denn ich weiß, alle Begierde erlischt im Moment des Besitzens,
mit dem Kauf endet aller Kaufrausch,
und das Wunschobjekt wird degradiert zum profanen Fahrgegenstand.
Es ist dieser ungeheure Moment der Schalheit,
darin man das, was man über Wochen, Monate ersehnt, konfiguriert, begehrt hat,
nun endlich sein eigen nennt und merkt: Man ist derselbe wie zuvor.
In diese Ernüchterung mischt sich Ekel über die Selbsttäuschung
und daher ist das Kriterium der Faltradwahl kein technisches,
keine Frage von Ritzelgrößen, Übersetzungsverhältnissen und Dämpferstärken,
und auch keines, wie man mir gerne unterstellt, der Rahmenfarbe: Alles, Hauptsache rot.

Wer aus dem Motiv heraus wählt,
schleppt das Motiv so lange mit sich herum,
bis es turnusgemäß abgelöst wird von neuem Begehren,
üblicherweise unmittelbar nach Kauf,
und es gibt nicht wenige,
die sich so zum Sklaven ständigen Neuerwerbs machen,
Jäger und Gejagte zugleich.

Die Industrie hat hierfür den Begriff des 'High End' erfunden,
um demjenigen, der schon hat, das, was er hat, madig zu machen und ihm ein Unzufrieden einzuimpfen, einen Makel an Modernität, ihm also zugleich Krankheit und Therapie andichtet,
eine Methode, die sie den Religionen abgekupfert haben,
die vor dem errettet, was es nicht gibt, natürlich gegen Obolus.

So rennen wir also einer Imagination hinterher
und um aus diesem verderbten Zirkel zu entwischen,
wonach ja die wenigsten verlangen und lieber SUV-Prospekte wälzen,
darf bei der Faltradwahl, wenn man nicht in dieselbe Prospektwälzerei verfallen will,
dieselben Konsumkreise, denen man mit ihm zu entfliehen gedenkt,
darf man nicht ein Motiv durch das andere ablösen.
Man muss sein Faltrad motivlos wählen,
beiläufig, bei Gelegenheit; dann, wenn es einem gar nicht danach verlangt.
Es ist der absichtslose Kauf, der beglückt.
Es ist dasselbe Procedere wie bei der Gattenwahl: Man nimmt, was einem über den Weg läuft.
Alles andere, aller Vergleich nach Katalog, scheidet uns vom Gegenstand,
noch bevor wir ihm habhaft geworden sind.
Fluch über alle Konfiguratoren!
Deshalb gilt: Nehmen, wie's kommt.
Wenn man das nicht kann, ist man Dauergast im Partner-Shop,
oder beim Faltrad-Händler.

Ich tendiere zum Birdy.
(Trotz unverschämter Aufpreispolitik des Herstellers...)

(Zufällig ist heute Heinz Stücke auf SpOn:
http://www.spiegel.de/reise/fernweh/hei ... 90874.html
Drei-Gang-Torpedo!
Der hat auch genommen, was er gerade hatte.
Und Faltrad! Er fährt Faltrad! Schaut Euch die Bilder an!)
Liebe Grüße!
E.
Motte
Beiträge: 5778
Registriert: Sa Aug 22, 2009 5:27 pm
Faltrad 1: Birdy Grey
Faltrad 2: Tern Verge Tour
Faltrad 3: Tern Link P24
Geschlecht: m
Geburtsjahr: 1922
Status: FALTradfahrer
Wohnort: sachichnich

Re: Kriterien der Faltradwahl

Beitrag von Motte »

Frei nach Schiller:
Drum prüfe wer sich ewig bindet
ob sich nicht doch was Besseres findet ;)

Ja, ich glaube, diese Angst oder Unsicherheit hat sich auch durch mein Fahrradleben als Erwachsener gezogen. (aber nicht nur da). Und das Internet mit den angeblichen Hilfsforen macht es nicht einfacher. Wie viel schöner war da doch die Zeit, als man einfach nur nach dem gelben Fahrrad im Schaufenster geschielt hat und überglücklich war, als man es dann irgendwann in Besitz nehmen konnte. Dass es keine Gangschaltung besaß war nebensächlich - schließlich hatte es eine gelbe Klingel.

Ich möchte nicht wissen, in wie viel Haushalten eine überdimensionierte analoge Spiegelreflexkamera im Schrank lag und nie in ihrem Leben ein anderes Motiv zu sehen bekam als Oma,Opa Kind und Katze. Insbesondere "Mann" neigt halt dazu zu sehr auf die Technik und zu wenig auf die Vernunft beim Gebrauch zu schielen. Bei Heinz Stücke war noch der Weg das Ziel. Das Rad eher Mittel zum Zweck. Der kann vermutlich noch auf einer Wiese sitzen und sich der Schönheit erfreuen, ohne 10 Leute anrufen zu müssen um ihnen zu erzählen, dass er jetzt Zeit hat die Ruhe auf der Wiese zu genießen.

Meinen Birdy Kauf hab ich persönlich nie bereut - es ist mir nach 9 Jahren immer noch mein liebstes Faltrad. So lange man seinen Schwächen nicht ständig hinterher trauert, kann man damit glücklich werden.

Wünsche Dir viel Glück bei der richtigen Wahl

"Glück auf"

Udo
Antworten