Veer: Riemenantrieb mit teilbarem Riemen!
Verfasst: So Aug 12, 2018 10:13 pm
Hallo Faltradler,
meinen „Mercedes“ habe ich ja auf Riemenantrieb umgerüstet. Das war einer der Gründe, warum ich das GoBike als Ausgangsbasis gewählt hatte: Weil die Kettenstrebe über die Kette führt und es kein hinteres Rahmendreieck gab, das ich hätte öffnen und wieder verschließen müssen. Beim Birdy ist der Fall ähnlich. Zahlreichen Faltradlern anderer Modelle dürfte es widerstreben, am Rahmen zu sägen, um den Riemen durchzuführen.
Das brauchen sie bald auch nicht mehr. An der „geheimen“ (zumindest nicht öffentlichen) Eurobike dieses Jahr wurde ein neuer Riemen vorgestellt, der teilbar ist. Nicht quer, sondern V-förmig, und zwar mit einem sehr schlanken „V“, damit nicht alle Zugstränge am gleichen Ort geteilt werden. Zusammengefügt werden die beiden Enden mit Nieten aus Edelstahl, die an den Enden gespreizt werden. Das System hat auch prompt einen Preis gewonnen. Verdient, wie ich denke. Irgendwie erstaunt es mich auch nicht, dass die Idee nicht von den etablierten Riemenanbietern wie Gates, Continental oder Haberstock kam, sondern von einem kleinen kalifornischen Start-up. Die Firma nennt sich Veer Cycles. Anders als Gates (11 mm), Continental und Haberstock (beide 14 mm) hat Veer eine Teilung von 8 mm gewählt. Das ist für uns Faltradler günstig, weil der Veer-Riemen engere Biegeradien ermöglicht. Unsere kleinen Laufräder benötigen ja eine größere Primärübersetzung, um pro Pedalumdrehung die gleiche Entfaltung zu erreichen wie große Räder. Dank Veer muss die vordere Riemenscheibe nicht überdimensioniert sein. Wenn ich richtig gezählt habe, hat ein Riemen 28 Nieten, d.h. die Verbindung ist 22,4 cm lang. Im Gegensatz zu Gates, die noch immer auf hoher Riemenspannung bestehen, verlangt Veer so gut wie keine, was die Belastung für Rahmen und Lager vermindert. Mehr noch: Der Veer-Riemen ist aufgrund der niedrigen Spannung selbst für gefederte Hinterbauten zugelassen, solange sich das Lasttrum beim Einfedern nicht um mehr als 1,5 cm verlängert. Bei meinem GoBike und beim Bernds ist es ja genauso.
8 mm ist im Industriebereich ein weit verbreitetes Riemenmaß, und es gibt auch den einen oder anderen Anbieter, der passende Riemenräder im Fahrradbereich verkauft, nicht zuletzt Bernds, aber auch diverse Firmen aus Asien. Ich wüsste zu gerne, ob man sich einfach aus dem Regal bedienen kann, oder ob es dabei Probleme gäbe. Veer sagt, ihr System sei nicht kompatibel, aber die wollen sich natürlich nicht die Butter vom Brot klauen lassen. Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass die Riemen von niemand Anderem stammen als von – Gates! Die vorderen Riemenräder sind besonders interessant: Sie bestehen aus zwei Hälften, bei denen abwechselnd ein Zahn fehlt. Das heißt, jeder Zahn des Riemens wird nur von einer Hälfte des Riemenrads gezogen. Damit sollen Schmutz, Schlamm und Schnee leichter abfallen. Die Zugstränge bestehen wie bei Gates und neuerdings bei Continental aus Carbonfasern, aber das Außenmaterial ist nicht Polyurethan, sondern Nitril.
Im Moment ist erst eine Version erhältlich, der Split Belt M1. Der passt nur für Single-Speeds, und auch nur mit einer Übersetzung von 66 zu 24 Zähnen entsprechend 42 zu 15 Zähnen bei Kette = 2,75 : 1. Zudem braucht man eine Fünf-Stern-Tretkurbel mit 130 mm Lochkreisdurchmesser. Der Zielmarkt dürfte damit überschaubar sein. Immerhin könnte man Tretlagergetriebe wie Pinion, Schlumpf oder Kappstein verwenden. Veer bietet dafür einen anderen Vorteil: Wenn die Riemen bereits aufgeschnitten werden, dann kann man sie auch problemlos kürzen. Das heißt, die Riemen werden auf Maß gefertigt. Es werden 26 verschiedene Längen für Chainstays von 35 bis 60 cm angeboten, andere Maße auf Anfrage. Das Gesamtset besteht aus vorderem Riemenrad (blau oder schwarz), hinterem Riemenritzel (grau), Riemen (leider nur schwarz-blau) in Wunschlänge und Riemenspanner. Der Preis ohne Versandkosten beträgt $349, und verschickt wird weltweit. Der Riemen allein kostet $68. Dazu braucht man das Tool zum Nieten, das gerade für $29 statt $35 angeboten wird. Den Riemenspanner braucht man weniger für die Spannung als offenbar vielmehr für die Seitenführung, damit der Riemen nicht vom Riemenrad läuft. Dieses Problem hatte Gates ja auch mit dem CDC-System, bevor man bei CDX und CDN auf die Lösung mit der Mittelrille kam. Und genauso wird es auch von Veer ab diesen Herbst ein neues System namens Split Belt Pro geben. Damit soll der Riemen auch ohne Spanner nicht schieflaufen können. Für Fahrräder mit senkrechten Ausfallenden wird es einen optionalen Riemenspanner geben und für MTB-Fullys sogar einen mit zwei Rollen. Voraussetzung in beiden Fällen ist ein Schaltwerkauge.
Vor allem aber wird es dann eine größere Auswahl an Riemenrädern und –ritzeln geben, und letztere für alle gängigen Nabenschaltungen, also Shimano Alfine und Nexus, NuVinci (Enviolo), Sturmey Archer und Rohloff. Auch Bosch-Elektroantriebe sollen bedacht werden. Zudem sollen neue vordere Riemenräder auch für weitere Kurbelsterne angeboten werden. Damit steigt auch der Preis: Hier werden ohne Versand und Einfuhrabgaben $399 fällig. Das ist mehr als ein vergleichbares Gates-System, aber dafür muss man seinen Rahmen nicht ansägen.
Die Großen der Branche werden jetzt vermutlich mit Hochdruck versuchen, ihrerseits teilbare Riemensystem zu entwickeln. Die damit erreichbare Zielgruppe dürfte wesentlich größer sein als die wenigen Rahmensäger und obenliegende-Kettenstreben-Radler. Dann dürften auch die Preise ins Rutschen kommen. Ich finde das System genial. Was sagt ihr?
meinen „Mercedes“ habe ich ja auf Riemenantrieb umgerüstet. Das war einer der Gründe, warum ich das GoBike als Ausgangsbasis gewählt hatte: Weil die Kettenstrebe über die Kette führt und es kein hinteres Rahmendreieck gab, das ich hätte öffnen und wieder verschließen müssen. Beim Birdy ist der Fall ähnlich. Zahlreichen Faltradlern anderer Modelle dürfte es widerstreben, am Rahmen zu sägen, um den Riemen durchzuführen.
Das brauchen sie bald auch nicht mehr. An der „geheimen“ (zumindest nicht öffentlichen) Eurobike dieses Jahr wurde ein neuer Riemen vorgestellt, der teilbar ist. Nicht quer, sondern V-förmig, und zwar mit einem sehr schlanken „V“, damit nicht alle Zugstränge am gleichen Ort geteilt werden. Zusammengefügt werden die beiden Enden mit Nieten aus Edelstahl, die an den Enden gespreizt werden. Das System hat auch prompt einen Preis gewonnen. Verdient, wie ich denke. Irgendwie erstaunt es mich auch nicht, dass die Idee nicht von den etablierten Riemenanbietern wie Gates, Continental oder Haberstock kam, sondern von einem kleinen kalifornischen Start-up. Die Firma nennt sich Veer Cycles. Anders als Gates (11 mm), Continental und Haberstock (beide 14 mm) hat Veer eine Teilung von 8 mm gewählt. Das ist für uns Faltradler günstig, weil der Veer-Riemen engere Biegeradien ermöglicht. Unsere kleinen Laufräder benötigen ja eine größere Primärübersetzung, um pro Pedalumdrehung die gleiche Entfaltung zu erreichen wie große Räder. Dank Veer muss die vordere Riemenscheibe nicht überdimensioniert sein. Wenn ich richtig gezählt habe, hat ein Riemen 28 Nieten, d.h. die Verbindung ist 22,4 cm lang. Im Gegensatz zu Gates, die noch immer auf hoher Riemenspannung bestehen, verlangt Veer so gut wie keine, was die Belastung für Rahmen und Lager vermindert. Mehr noch: Der Veer-Riemen ist aufgrund der niedrigen Spannung selbst für gefederte Hinterbauten zugelassen, solange sich das Lasttrum beim Einfedern nicht um mehr als 1,5 cm verlängert. Bei meinem GoBike und beim Bernds ist es ja genauso.
8 mm ist im Industriebereich ein weit verbreitetes Riemenmaß, und es gibt auch den einen oder anderen Anbieter, der passende Riemenräder im Fahrradbereich verkauft, nicht zuletzt Bernds, aber auch diverse Firmen aus Asien. Ich wüsste zu gerne, ob man sich einfach aus dem Regal bedienen kann, oder ob es dabei Probleme gäbe. Veer sagt, ihr System sei nicht kompatibel, aber die wollen sich natürlich nicht die Butter vom Brot klauen lassen. Die Ironie der Geschichte liegt darin, dass die Riemen von niemand Anderem stammen als von – Gates! Die vorderen Riemenräder sind besonders interessant: Sie bestehen aus zwei Hälften, bei denen abwechselnd ein Zahn fehlt. Das heißt, jeder Zahn des Riemens wird nur von einer Hälfte des Riemenrads gezogen. Damit sollen Schmutz, Schlamm und Schnee leichter abfallen. Die Zugstränge bestehen wie bei Gates und neuerdings bei Continental aus Carbonfasern, aber das Außenmaterial ist nicht Polyurethan, sondern Nitril.
Im Moment ist erst eine Version erhältlich, der Split Belt M1. Der passt nur für Single-Speeds, und auch nur mit einer Übersetzung von 66 zu 24 Zähnen entsprechend 42 zu 15 Zähnen bei Kette = 2,75 : 1. Zudem braucht man eine Fünf-Stern-Tretkurbel mit 130 mm Lochkreisdurchmesser. Der Zielmarkt dürfte damit überschaubar sein. Immerhin könnte man Tretlagergetriebe wie Pinion, Schlumpf oder Kappstein verwenden. Veer bietet dafür einen anderen Vorteil: Wenn die Riemen bereits aufgeschnitten werden, dann kann man sie auch problemlos kürzen. Das heißt, die Riemen werden auf Maß gefertigt. Es werden 26 verschiedene Längen für Chainstays von 35 bis 60 cm angeboten, andere Maße auf Anfrage. Das Gesamtset besteht aus vorderem Riemenrad (blau oder schwarz), hinterem Riemenritzel (grau), Riemen (leider nur schwarz-blau) in Wunschlänge und Riemenspanner. Der Preis ohne Versandkosten beträgt $349, und verschickt wird weltweit. Der Riemen allein kostet $68. Dazu braucht man das Tool zum Nieten, das gerade für $29 statt $35 angeboten wird. Den Riemenspanner braucht man weniger für die Spannung als offenbar vielmehr für die Seitenführung, damit der Riemen nicht vom Riemenrad läuft. Dieses Problem hatte Gates ja auch mit dem CDC-System, bevor man bei CDX und CDN auf die Lösung mit der Mittelrille kam. Und genauso wird es auch von Veer ab diesen Herbst ein neues System namens Split Belt Pro geben. Damit soll der Riemen auch ohne Spanner nicht schieflaufen können. Für Fahrräder mit senkrechten Ausfallenden wird es einen optionalen Riemenspanner geben und für MTB-Fullys sogar einen mit zwei Rollen. Voraussetzung in beiden Fällen ist ein Schaltwerkauge.
Vor allem aber wird es dann eine größere Auswahl an Riemenrädern und –ritzeln geben, und letztere für alle gängigen Nabenschaltungen, also Shimano Alfine und Nexus, NuVinci (Enviolo), Sturmey Archer und Rohloff. Auch Bosch-Elektroantriebe sollen bedacht werden. Zudem sollen neue vordere Riemenräder auch für weitere Kurbelsterne angeboten werden. Damit steigt auch der Preis: Hier werden ohne Versand und Einfuhrabgaben $399 fällig. Das ist mehr als ein vergleichbares Gates-System, aber dafür muss man seinen Rahmen nicht ansägen.
Die Großen der Branche werden jetzt vermutlich mit Hochdruck versuchen, ihrerseits teilbare Riemensystem zu entwickeln. Die damit erreichbare Zielgruppe dürfte wesentlich größer sein als die wenigen Rahmensäger und obenliegende-Kettenstreben-Radler. Dann dürften auch die Preise ins Rutschen kommen. Ich finde das System genial. Was sagt ihr?