berlinonaut hat geschrieben:
Einfache Logik: Der Schutzstreifen befindet sich auf der Hauptstrasse. Der Radler aber nicht, der ist in einer Nebenstrasse. Um in den Schutz des Schutzstreifens zu gelangen muss der Radler auf die Hauptstrasse. Um auf auf die Hauptstrasse zu gelangen muss er zuvor die Vorfahrt achten. Got it?
Also wenn es keine Gestzesstelle gibt, die das weiter regelt und das die Logik sein soll, halte ich das nicht für gerichtsfest.
Leider kann ich die Empfehlungen für Radverkehrsanlagen, in der auch Schutzwege und Bushaltestellen beschrieben sein dürften, nicht online finden. Allerdings stehen hier
in diesem Diskussionsstrang einige Auszüge.
Findet ansonsten evtl. jemdand Gerichtsurteile, an denen man sich orientieren könnte?
Der Text der StVO sagt jedenfalls eindeutig was anderes. Uns zwar gibt es keine Ausnahmen. Auf dem Schutzstreifen ist ein Radfahrer nicht zu gefährden. Punkt. Die Idee, ein Radfahrer würde nur Schutz genießen, wenn er auf der Hauptstr. fährt, ist geradezu hirnrissig. Der KFZ Fahrer muss ausschließen können, dass dort ein Radfahrer einfahren kann. Egal von wo. Wenn ein KFZ-Führer das nicht ausschließen kann, darf er da nicht drauf fahren. Schon gar nicht mit Tempo. Wenn die Stelle unübersichtlich ist, es eine Kreuzung ist, ein Radfahrer dort erkennbar nah ist, oder anzunehmen ist, dass dort ein Radfahrer wahrscheinlich auffährt, dann ist auch in jedem Fall klar, dass es eben nicht ausschließbar war, dass da ein Radfahrer auffährt. An einer Kreuzung wäre das auch dann so, wenn der Radfahrer sichtverdeckt hinter einem Fahrzeug hervorfährt. Imho ist der Schutzstreifen sogar genau deswegen dort geführt, damit ein Radfahrer dort geschützt auf die Hauptstr. einbiegen kann und dem KFZ-Verkehr der Haupstr. eben nicht Vorrang gewähren muss. Ansonsten hätte ein "Schutzstreifen" dort nichts verloren. Hinzu kommt, dass der erforderliche Bedarf auch nicht existiert, ein KFZ kann nicht nach Belieben durch den Schutzweg schallern. Und der Bedarf an die Bushaltestelle ranzufahren besteht erst vor der Bushaltestelle. Da sieht das dann auch der Radfahrer. Und genau wegen der Bushaltestelle ist da der Schutzweg ja auch zu Ende. Da gibt es imho nicht den Umdeutungsspielraum, den Du hier nutzt. Wenn es den gäbe würde ich doch etwas am Rechtssystem zweifeln. Bei Interpretationen weiß man zwar nie so genau was dabei rauskommt, allerdings hat unser Rechtssystem schon die begrüßenswerte Eigenschaft, etwas weniger zu streuen als andere Interpretationstechniken, und Varianzen korriert das Revisions-System nach einiger Zei aus.
Ansonsten fallen mir noch eine Reihe weiterer Gründe ein, die die rechtliche Situation hier einiges komplexer machen, als schlicht Vorfahrt missachtet.
Aber Emil hat mit dem Toten Winkel einen Ablauf eingebracht, wie das auch noch abgelaufen sein könnte, und das scheint mir auch sehr wahrscheinlich: Der Busfahrer überholt und schneidet der Radfahrerin den Weg ab. Die muss lt. Sonderregelungen für Busse dann anhalten. Das steht zwar so nicht in der StVO (siehe § 20 StVO - Öffentliche Verkehrsmittel und Schulbusse), hab ich aber mal in einer Gerichtsentscheidung gelesen, dass der Busfahrer da nicht lange warten muss wie sonst KFZ, sondern erwarten darf, dass ein Radfahrer anhält. Diese Regelung finde ich auch recht sinnvoll, sollte dann aber bitteschön auch in der StVO stehen. Der Busfahrer darf natürlich den Radfahrer nicht gefährden - was hier aber doch irgendwie vorkam. Ich könnte mir vorstellen, dass ein Busfahrer da nach dem Vorbeiziehen und Einscheren einen gewissen toten Winkel hat und u.U. gar nicht so wirklich sehen kann, wie dicht er dem Radfahrer kommt bzw. der ihm und ob der wirklich anhält. Dem Radfahrer bleibt ja oft wenig Zeit, um zu erkennen, was der Busfahrer da vorhat. Ansonsten dürfte es ohnehin für den Busfahrer nicht ganz einfach sein, den Radfahrer bei dem Vorgang über den Seitenspiegel im Blick zu behalten. Solche recht gefährlichen Bus-Rad Konflikte hat man als Radfahrer ständig, und wer da nicht regelmäßig Erfahrung hat, kommt von den teils sehr resolut fahrenden Bussen überrascht, schnell mal in die Schere zwischen Bus und Bordsteinkante. Da hilft es übrigens auch, dass der Schutzweg vor Bushaltestellen aufhört. Empfohlen wird von der ERA auch das Zeichen 299 "Grenzmarkierung für Halt- und Parkverbote", das wird aber offenbar selten umgesetzt.