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Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Do Nov 14, 2019 8:47 pm
von Raffineur
Motte hat geschrieben: ↑
Sa 9. Nov 2019, 12:03
ne schicke Nabenschaltung, die nicht jeder hat:
https://kindernay.com/

Alles zu teuer?
Eine norwegische Rohloff. Auch nicht wirklich teuerer als die Rohloff. Auch Pinion liegt bei den Preisen in dieser Region. Aber das Ding ist mir tatsächlich noch nie untergekommen.
Die Kindernay Nabe wurde schon 2017 angekündigt – ist jetzt aber erst „serienreif“ und lieferbar. Wie bei allen Nabengetrieben wird es wohl auch bei ihr noch eine Weile dauern, bis alle Kinderkrankheiten überwunden sind. (Würde mich wundern, wenn sie keine hätte)
In Verbindung mit hydraulischen Bremsen hat man eine große Gestaltungsfreiheit bei der Zugverlegung – das ist sicher für viele Spezialräder (Liegeräder, Tandems, Lastenräder) interessant. Auch für Falträder. Auf jeden Fall kommt Bewegung in den Markt. Und vielleicht traut sich Bernd Rohloff ja auch noch mal an neue Dinge heran – wie an eine andere Ansteuerung seiner Nabe für Nichtpedelecs. (oder Beseitigung der Gefahr eines Verölens der Bremsscheibe)

Pinion kann man ja nicht nachrüsten. Alfine 11, Rohloff und Kindernay aber schon.
Mir scheint das Thema so interessant, dass es einen eigenen Thread verdient: Eine kleine Firma aus einem kleinen Land entwickelt ein Konkurrenzprodukt zu einem höchst erfolgreichen Meisterstück deutscher Ingenieurskunst. Wurde ja auch Zeit, dass jemand Rohloff vom hohen Ross holt😉 Das XIV (lateinisch für 14) steht für die Anzahl Gangstufen. Zunächst die Gemeinsamkeiten:
  • Beide sind Premium-Nabenschaltungen mit 14 Gängen.
  • Beide haben gleichmäßige Gangabstufungen.
  • Beide haben proprietäre Bremsscheibenaufnahmen.
  • Beide sind für MTB’s, E-Bikes, Tandems, Touren- und Lastenräder zugelassen.
  • Beide werben mit hohem Wirkungsgrad, Robustheit und langer Lebensdauer.
  • Beide benötigen jährliche Ölwechsel.
  • Beide können im Stand geschaltet werden.
  • Beide bieten zwar Bremsscheiben an, aber nur für hinten.
  • Beide sind in sieben verschiedenen Einbaubreiten erhältlich: 135 mm, 142 mm, 148 mm, 170 mm, 177 mm, 190 mm und 197 mm.
  • Beide bieten einen Kettenspanner an.
  • Beide beinhalten drei Planetengetriebe.
Und jetzt die Unterschiede:
  • Rohloff kann mit Seilzügen, hydraulisch oder elektronisch geschaltet werden, Kindernay nur hydraulisch.
  • Rohloff gibt es in silber, schwarz und rot, Kindernay bislang nur silberfarben.
  • Rohloff hat einen Übersetzungsbereich von 526% (Gangabstufungen 13,6%, kleinste Übersetzung 0,279, größte 1,467), Kindernay 543% (Gangabstufungen 13,9%, kleinste Übersetzung 0,27, größte 1,48).
  • Rohloff ist fest eingepeicht und verlangt beim Umspeichen neuerdings Flanschringe. Kindernay hat ein Flanschgerüst, aus dem man die Nabe herausziehen und in ein anderes Fahr- oder Laufrad einbauen kann.
  • Von Rohloff selbst gibt es nur Drehgriffschalter, von Tunern auch Daumenhebel. Kindernay hat einen Daumenhebel links zum Hoch- und einen rechts zum Herunterschalten. Man arbeitet an einem Doppeldaumenhebel.
  • Rohloff und Gates sind optimal aufeinander abgestimmt. Kindernay hat offiziell keine Freigabe für Gates, aber es funktioniert zumindest mit dem 22er-Riemenritzel offenbar doch.
  • Das Rohloff-Gesamtsystem soll 2.200 g wiegen, dasjenige von Kindernay 1.900 g.
  • Die Drehmomentabstützung erfolgt bei Rohloff entweder mit einer Stütze oder über das Ausfallende, bei Kindernay über den Bremsadapter.
  • Die Rohloff-Bremsscheibenaufnahme hat vier Löcher mit einem Durchmesser von 65 mm. Kindernay hat eine Siebenloch-Bremsscheibenaufnahme mit 98 mm.
Hier ein Video einer Testfahrt: https://www.youtube.com/watch?v=9ZJ1MedFRY4. Das Herunterschalten unter Last klappt offenbar nicht sonderlich gut. Man sollte wohl Kraft vom Pedal nehmen. Hier ein Video vom Einbau: https://www.youtube.com/watch?v=ERedaKUYYf4.

An beiden stört mich, dass nur Bremsscheiben für hinten angeboten werden. Gerade an einem Rad, dessen Schaltung vierstellig kostet, fährt das Auge mit. Damit will ich sagen, dass ich für vorne eine Bremsscheibe im gleichen Design haben wollte. Die Avid G2 Clean Sweep gibt es für Rohloff und mit IS 2000. Zur Not muss halt Torsten Guba von www.brake-stuff.de einspringen, der auch Einzelanfertigungen macht. Kostenpunkt um die 55 € plus Versand. Kindernay hat vor, auch eine Bremsscheibe für vorne anzubieten. Ich war nicht der Einzige, der danach gefragt hat😉

Das Kindernay-Komplettset besteht aus der Nabe, dem Speichenkäfig, der Bremsscheiben, dem abnehmbaren Schaltkäfig und den Schalthebeln. Kostenpunkt bei einem Wechselkurs von 10 norwegischen Kronen für 1 € rund 1.200 € netto. Hinzu kommen nicht nur die Versandkosten, sondern auch die deutsche Einfuhrumsatzsteuer von 19%, weil Norwegen kein EU-Mitglied ist. Schade, dass ich schon eine zweite Rohloff für mein Rhine habe. Es juckt mich in den Fingern, die Kindernay auszuprobieren. Mal schauen, wie hoch mein Weihnachtsgeld dieses Jahr ausfällt😉

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Do Nov 14, 2019 9:04 pm
von EmilEmil
Danke für die Zusammenstellung der Informationen !

MfG EmilEmil

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Do Nov 14, 2019 10:43 pm
von Motte
Mal so zu den Daten noch einzelne Artikel:
https://www.bike-magazin.de/eurobike/eu ... 37087.html

https://www.hilite-bikes.com/blog/post/ ... estellbar/

https://www.mtb-news.de/forum/t/kindern ... 862/page-3


Unterscheidungsmerkmal Steckachse wäre noch erwähnenswert. Hat Rohloff nicht (jedenfalls keine echten)

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Do Nov 14, 2019 10:52 pm
von bergauf
Raffineur hat geschrieben: Do Nov 14, 2019 8:47 pm
  • Rohloff ist fest eingepeicht und verlangt beim Umspeichen neuerdings Flanschringe. Kindernay hat ein Flanschgerüst, aus dem man die Nabe herausziehen und in ein anderes Fahr- oder Laufrad einbauen kann.
  • Die Rohloff-Bremsscheibenaufnahme hat vier Löcher mit einem Durchmesser von 65 mm. Kindernay hat eine Siebenloch-Bremsscheibenaufnahme mit 98 mm.
Das Flanschgerüst ist offenbar mit der Siebenloch-Bremsscheibenaufnahme verschraubt.

An sich ist das Flanschgerüst keine schlechte Idee, doch hat man sich bei Kindernay dazu entschlossen, mit 28-Loch-Flanschen herauszukommen. Warum man nicht auf die üblichen 36 Loch gegangen ist, verstehe ich nicht so ganz. Die Norweger werden wohl irgendwann mal Flanschgerüste mit anderen Lochzahlen nachschieben.

bergauf

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Fr Nov 15, 2019 6:58 am
von Motte
Ich vermute mal, dass deine Wahrnehmung falsch ist, dass 36 Loch noch "üblich" sind. Kenne mich in der Szene aber gar nicht aus.

Warum? Einfach weil die erstmal viel Kohle verdienen müssen um die Entwicklungskosten rein zu holen. Es wäre Selbstmord dabei mit einem 1000 Euro "Randprodukt" aufzutauchen. Die werden sich daher viele Gedanken gemacht haben mit welcher Lochzahl sie starten. Die Konstruktion an sich erlaubt ja dem Nutzer durch günstigen Käfigwechsel später mal auf andere Zahlen umzusteigen.

Durch den von mir verlinkten Artikel (MTB News - wo er beschreibt wie man die Schaltrichtung wechselt) ist mir aber auch klar geworden, dass der Wandler (Hydraulik/Mechanik) in dem Anbauteil sitzt. Und in der Nabe am Eingang vermutlich nur zwei "Impulsstifte" zur Übertragung sichtbar sind - dann ließe die sich grundsätzlich auch auf Seilzug oder elektrische Ansteuerung umbauen.

Die werden eh jede Meckerei der letzten 20 Jahre über die Rohloff Nabe aufgesogen haben um etwas raus zu bringen, das weniger Kritik hervor ruft. Ob es ihnen gelungen ist wird die Zeit dann zeigen.

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: Sa Nov 16, 2019 9:44 am
von bergauf
Motte hat geschrieben: Fr Nov 15, 2019 6:58 am Ich vermute mal, dass deine Wahrnehmung falsch ist, dass 36 Loch noch "üblich" sind. Kenne mich in der Szene aber gar nicht aus.
Mag sein, dass inzwischen 32 Loch der Quasistandard sind. Ein kurzer Blick auch idealo.de nach Felgen ergab, dass es weit mehr Angebote für 32 Loch gibt als für 36 Loch. Aber für 36 Loch gibt es nochmal weit mehr Angebote als für 28 Loch.

Also, entweder Kindernay betreibt Zahlenmystik mit Vielfachen vom 7, oder sie bauen tatsächlich eine Randgruppennabe. Vorerst, dass die Flanschgerüste wechselbar sind und auch andere Lochzahlen möglich sein sollten, darüber sind wir und wohl einig.

bergauf, wenn ich die Wahl habe, nehme ich 36 Loch.

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: So Nov 17, 2019 6:32 am
von Ch.Bacca
Ansich fand ich das Konzept der Tauschbarkeit des Laufrads auf der teuren Schaltnabe großartig. Das Konzept wird durch die Beschränkung auf 28 Löcher und die proprietäre Bremsscheibe auf fast tragische Weise konterkariert.

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: So Nov 17, 2019 9:25 pm
von EmilEmil
bergauf hat geschrieben: Sa Nov 16, 2019 9:44 am……………...
Mag sein, dass inzwischen 32 Loch der Quasistandard sind. Ein kurzer Blick auch idealo.de nach Felgen ergab, dass es weit mehr Angebote für 32 Loch gibt als für 36 Loch. Aber für 36 Loch gibt es nochmal weit mehr Angebote als für 28 Loch. ……………………….
bergauf, wenn ich die Wahl habe, nehme ich 36 Loch.
An jedem Laufrad entstehen am "Radaufstandspunkt" (Wenn man zur Vereinfachung die Kontaktbereiche des Reifens mit der Fahrbahn sich auf einen Punkt reduziert denkt ! Stichwort: Idealisierung )
1) Vertikalkräfte (Das Rad-Radler-System mit seinem Gewicht wird von der Fahrbahn abgestützt)
2) Longitudinalkräfte ( Antriebskräfte, Bremskräfte, Stoßkräfte infolge welliger Fahrbahn)
3) Lateralkräfte (Seitenführungskräfte für Lenkung, Stützung bei Schräglagen usw. )
Diese Kräfte werden über die Felgen auf die Speichen und die Naben und weiter auf die Ausfallenden "verteilt" und müssen dort den Massenkräften des Rahmens und des Radlers das Gleichgewicht halten. Das Gewicht der Laufräder stützt sich zuvor schon unmittelbar auf der Fahrbahn ab.
Es gibt nun kein Natur-Gesetz, das vorschreibt, wieviel Speichen ein Rad haben muß. Es ist gar nicht so selten, daß ein Rad 3 Speichen hat (Carbonlaufräder z B. mit 3 Speichen vorn bei Zeitfahr-Rädern). Da steht die Aerodynamik im Vordergrund; nicht der "Leichtbau". Je weniger Speichen, desto größer muß die Steifigkeit der Felge und auch der Speichen sein. Ein klassisch aufgebautes Speichenrad (Edelstahlspeichen, Alu-Legierung der Felgen) hatte vor ca. 10 Jahren bei einer 559 [mm] Felge (Reifensitz-Maß) 32 Speichen (Umfang U = Pi x 559 []mm] = 1756,15 [mm], zwischen 2 Löchern also DeltaU = 54,9 [mm]; Die größeren 622 [mm] Felgen hatten 36-Löch Felgen (U ? Pi x 622 [mm] = 1954,07; DeltaU = 54,3 [mm]. Runterskaliert auf 406-er Felgen kommt man auf U = 1275,48 [mm] und 55 [mm] Lochabstand entsprechen etwa 23,2 Speichen. Mit 24 Speichen für ein weitverbreitetes Faltrad-Laufrad-Maß hat man etwa die gleichen Steifigkeit-Verhältnisse wie bei größeren Rädern. Natürlich kann man auch kleinere oder größere Speichenzahlen verwenden. Die oben markierten Aufgaben eines Speichenrades müssen dann mit größeren (bzw. kleineren) Felgen-Steifigkeiten oder größeren (bzw. kleineren) Speichendurchmessern konterkariert werden. Beides gibt es nicht gratis, sondern nur gegen Mehr-Gewicht !
Wenn man sieht, daß von den Herstellern 36 oder 32 Speichen für die 406-er Felgen verbaut werden, liegt man nicht falsch, wenn man auf Anti-Leichtbau tippt. Der clevere Konstrukteur kann sich immerhin noch damit rausreden, daß z B. Getriebenaben mit 24 Loch oder gar 20-Loch nicht angeboten werden.
So weit zu dem, was Mark-üblich ist. Man tut auch gut daran, nicht nach den Mountainbikern zu schielen. Bei denen wird etwa alle 1 1/2 ein neuer Standard ausgerufen, mal mit mehr Sinnhaftigkeit, mal mit weniger. Hauptsache, daß Rad rollt. "Wenn rollt Rad, rollt auch Rubel, pardon Dollar !.
Für die Pedeleccomio's wird der Zug mittelfristig in die gleiche Richtung fahren.

MfG EmilEmil

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: So Nov 17, 2019 11:25 pm
von bergauf
EmilEmil hat geschrieben: So Nov 17, 2019 9:25 pm Wenn man sieht, daß von den Herstellern 36 oder 32 Speichen für die 406-er Felgen verbaut werden, liegt man nicht falsch, wenn man auf Anti-Leichtbau tippt.
Das kann schon sein. Aber das ist mir, pardon, scheißegal. Was wiegen die 4 oder 8 Speichen mehr?

Ich wiege ca. 90 kg und gehöre nunmal zu den Menschen, die nach Größe und Gewicht (und vermutlich Kraft) etwas über dem Durchschnitt liegen. Das ist nicht mein Verdienst, die Natur wollte es einfach so. Ich weiß wie gesagt nicht, was ein 36-Speichen LR mehr wiegt als eines mit 28 oder 32 Speichen, aber im Gesamtgewicht ist das eine irrelevante Nachkommastelle. Das Dahon hat 16kg (und ist damit eines meiner leichteren Räder), dazu ich, und natürlich Gepäck.

Im Übrigen hatte ich aus dem Dahon-Hinterrad (406 und 36 Speichen) bei großer Belastung (schweres Gepäck) schon pling-Geräusche vernommen. Nach dem Nachspannen wurde es besser....

Mit der Leichtbau-Debatte konnte ich noch nie was anfangen. Die ist vor allem interessant für kleine/zierliche Personen. Ich brauche es am Fahrrad eher stabiler als leichter.

bergaufs

Re: Kindernay XIV versus Rohloff Speedhub

Verfasst: So Nov 17, 2019 11:30 pm
von bergauf
Ch.Bacca hat geschrieben: So Nov 17, 2019 6:32 am Ansich fand ich das Konzept der Tauschbarkeit des Laufrads auf der teuren Schaltnabe großartig. Das Konzept wird durch die Beschränkung auf 28 Löcher und die proprietäre Bremsscheibe auf fast tragische Weise konterkariert.
Das ist mir erst jetzt aufgefallen...
Die Rohloff hat die Schaltbetätigung auf den linken Seite. Die ist so groß, dass sie nicht durch das Loch einer Standard-Bremsscheibe passt. Daher die 4-Loch-65mm-Aufnahme bei der Rohloff.

Kindernay hat die Betätigung auf der Kettenseite. Damit wären sie völlig frei, welche Bremsscheibenaufnahme sie nehmen. Ich sehe nicht, was gegen Standard 6-Loch spräche... Aber trotzdem machen Sie irgendwas proprietäres. Finde ich schwer nachvollziehbar.

bergauf