Hallo zusammen in die abendliche Runde,
ich hoffe, ihr habt Bier und Chips bereitstehen, denn ich war wieder in den Alpen. Ich hab meinen 2. Doppel-Alpencross gefahren - aus persönlichen Gründen allerdings ein Jahr später als geplant.
Nichts desto Trotz - seit heute ist mein Video dazu auf YT online
https://www.youtube.com/watch?v=uNrCY41x4Tw&t=1s
und hier der Reisebericht:
Nachdem ich bereits 2015 mit meinem Faltrad zweimal den Alpenhauptkamm überquerte, habe ich mich in diesem Sommer wieder auf den Weg gemacht, um die Alpen zu bezwingen. Dieses Mal hatte ich allerdings eine große Hürde eingeplant, denn ich wollte über die Großglockner-Hochalpenstraße.
In Prien am Chiemsee ließ ich mein Auto zurück und startete meine diesjährige Tour. Zu Beginn ging es noch gemütlich auf dem Mozartradweg entlang des Chiemsees und über Waging am See nach Salzburg. Nach Besichtigung der Mozartstadt führte mein Weg weiter auf dem Ciclovia Alpe Adria Radweg entlang der Salzach bis nach Schwarzach im Pongau. Hier war es dann mit der Gemütlichkeit vorbei, denn der Aufstieg ins Gasteiner Tal stand bevor. Zum Ende des Tales bei Bad Gastein wird es Meter für Meter immer steiler aber ein wunderschöner Ausblick auf den Wasserfall der Gasteiner Ache, die tosend mitten durch den Ort fast senkrecht herabfällt, entschädigt für die Mühe. Etwa vier Kilometer weiter in Böckstein endet die Straße und wer von hier aus die Hohen Tauern überqueren will, muss durch die Tauernschleuse und mit dem Zug durch den Berg.
Der Alpe Adria Radweg führte mich dann weiter entlang der Drau über Spittal nach Villach. Hinter Villach hatte ich meine erste größere Herausforderung eingeplant. Anstatt die Karawanken zu umfahren, bin ich über den Wurzenpass nach Podkoren in Slowenien geradelt. Der 18-prozentige Steigungsabschnitt am Wurzenpass war allerdings eine Nummer zu hoch für mich. Hier ging es nur noch schiebend weiter. Aber die restliche Strecke diente schon mal als Vorgeschmack auf das, was mich am Großglockner erwarten sollte.
Bei Tarvisio in Italien traf ich später wieder auf den Alpe Adria Radweg. Dieser folgte dem Fluß Fella auf einer alten Eisenbahnlinie über Pontebba und Chiusaforte bis nach Amaro und war ein wahrer Traum für Radfahrer. Auf halber Berghöhe wechselten sich ständig Tunnel und wunderschöne Ausblicke bei leichtem Gefälle ab. Einfach Klasse. Leider musste ich den Ciclovia in Amaro verlassen, denn mein Weg führte nicht an die Adria, sondern wieder zurück über die Alpen.
Zwischen Amaro und Calalzo di Cadore war rund 80 km radlerisches Niemandsland und außerdem der 1298 m hohe Passo della Mauria mit seiner Steigung von bis zu 10% zu überwinden. Ohne Radweg immer entlang der Hauptstraße war dieser Abschnitt einer der weniger schönen der Tour.
In Calalzo di Cadore befindet sich der Einstieg eines weiteren Themenradweges, den wohl die Wenigsten kennen. „La Lunga Via delle Dolomiti“ (Der lange Weg der Dolomiten) ist die alte Linie der Dolomitenbahn, die über Cortina d’Ampezzo und den 1530 m hohen Passo Cimabanche nach Toblach führt. Der Weg ist ab Cortina zwar nicht mehr asphaltiert, führt aber durch eine abenteuerliche Kulisse mit tiefen, steilen Schluchten, Bahntunneln, durch Flussbetten und über Kuhweiden.
Nachdem ich Toblach erreicht hatte, fuhr ich entlang des Drautalradweges über Sillian nach Lienz. Immer leicht bergab entlang der noch jungen, dafür aber umso wilderen Drau sorgte die Strecke für schöne Fotos und vorerst letzte schnelle Kilometer, denn für die kommenden zwei Tage war der Berggang wieder angesagt. Mit der Strecke über Lienz stand schließlich auch meine Entscheidung fest, die Großglockner Hochalpenstraße zu fahren.
Nach Lienz folgte der unvermeidbare Aufstieg über den Iselsberg um gleich danach wieder auf dem Glocknerradweg ins Mölltal hinabzufahren. Über Mörtschach und Großkirchheim hab ich mich dann langsam im strömenden Regen nach Heiligenblut in 1300 Meter Höhe hochgekurbelt. Kurz vor Rojach fällt das Wasser des Zopenitzenbaches als sogenannter Jungfernsprung 130 Meter steil aus der Felswand. Ein atemberaubender Anblick und bei Sonnenschein sicher noch um ein Vielfaches schöner.
Am folgenden Tag war es dann so weit. Ich stand in Heiligenblut an der Eingangskehre der Großglockner Hochalpenstraße und es folgten erbarmungslose 17 km mit ziemlich gleichbleibenden 12% Steigung. Ich startete bei angenehmen 25 Grad, die sich mit zunehmenden Höhenmetern reduzierten. Dafür nahmen aber die wunderschönen Aussichten zu. Das Wetter hielt bis zum Wallack-Haus. Dort setzten plötzlich Sturm und Hagel ein und die Temperatur fiel fast auf den Gefrierpunkt. Das Hochtor, mit 2504 Meter der höchste Punkt der Strecke, erreichte ich im Schneeregen bei nur noch 1,9 Grad. Fast so schwierig wie der Aufstieg, gestaltete sich auch die rasante Abfahrt. Anfangs benötigte ich noch eine Zwischenpause, um meine trotz der Handschuhe eiskalten Finger wieder aufzuwärmen, später hab ich Pausen eingelegt, um den Felgen eine Abkühlung zu gönnen.
Im weiteren Verlauf lernte ich noch bekannte Orte wie Zell am See, Saalfelden und St. Johann i. Tirol kennen, bevor ich den Chiemsee wieder erreichte und meine Reise zu Ende ging. Insgesamt habe ich 10 Tage für die 850 Kilometer benötigt und 12.850 Höhenmeter überwunden. Alles in Allem war es eine streckenweise anstrengende, aber dennoch wunderschöne und erlebnisreicher Tour, die ich sehr genossen habe und an die ich mich sicher noch lange erinnern werde.
Für die Technikfreaks:
Das 44er Kettenblatt habe ich gegen ein 38er getauscht. 17 km mit 12% an der Großglockner Hochalpenstraße machten das für mich jedenfalls erforderlich.
Ich hatte kein Kartenmaterial mit, sondern hab mich ausschließlich auf Oruxmaps und Komoot verlassen. Wegen der Sprachnavigation hatte ich auch immer den Knopf im Ohr in dem Video. Hat übrigens hervorragend funktioniert und würde ich immer wieder so machen. Das komplette Kartenmaterial war in beiden Apps offline verfügbar und durch die Sprachnavi brauchte ich kaum das Handydisplay. Dadurch hielt der Akku meistens den ganzen Tag.
So. Nun aber viel Spaß beim Video und Feuer frei für die Frage-Antwort-Runde
Grüße
Rainer